Montag, 20. Januar 2014

Daydream Believer - „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“

„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ ist pure Kinomagie


Als sein Vater stirbt, ist Walter gerade einmal 17. Der Rucksack für die geplante Weltreise und sein geliebtes Skateboard kommen auf den Dachboden. Der Irokesenschnitt fällt der Schere zum Opfer. Er nimmt einen Job in einer Pizzeria an, um die Familie zu ernähren, seine Lebensträume muss er begraben. Mit 42 ist aus Walter Mitty ein Tagträumer geworden, der sich sein tristes, langweiliges Leben gern und oft schön träumt. Und immer "bigger than life".


Auch exzellent: Der Soundtrack zum Film.
Seit sechzehn Jahren arbeitet der penible Durchschnittstyp im Fotoarchiv bei dem legendären Magazin „Life!“. Ganz unten, in den Kellerräumen. Mit seinem übergewichtigen Kollegen.Wenn er sich nicht um seine Mutter kümmert (Shirley McLaine), versucht er in seiner Freizeit per Online-Partneragentur Kontakt zu seiner hübschen Kollegin Cheryl (Kristen Wiig) aufzunehmen, die ihn bislang nicht wahrgenommen hat. Sein Bemühen bleibt selbstverständlich ohne Erfolg.

Plötzlich wird Mitty jäh aus seinen Tagträumen gerissen. Das Magazin soll künftig nur noch online erscheinen, verkündet ein unsympathischer, arroganter Anzugträger, der vom Zeitungmachen und Journalismus zwar keinen blassen Schimmer hat, aber für die letzte Printausgabe verantwortlich ist, während er gleichzeitig entscheidet, wer von der Belegschaft gehen muss oder bleiben darf.

Das Titelblatt der letzten Ausgabe soll ein Foto des legendären Fotografen Sean O'Connell (Sean Penn) schmücken. Doch das Negativ ist verschwunden. Dadurch wird Witty aus seiner Lethargie gerissen. Er macht sich auf die Suche nach dem rastlosen Weltenbummler Sean – und startet in das Abenteuer seines Lebens, das ihn von Grönland nach Island und schließlich bis in das Himalaya-Gebirge führt. Für Walter wird es zu einer Suche nach sich selbst. 

Ben Stiller ist Hauptdarsteller und Regisseur und lieferte mit „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ einen definitiven Anwärter auf den Titel  "Film des Jahres 2014". Es ist das Remake "Das Doppelleben des Herrn Mitty" aus dem Jahr 1947, der wiederum auf einer Erzählung von James Thurber basiert.

Stiller hat aus dem Stoff etwas ganz Eigenes gezaubert, einen absurd-komischen, melancholischen, zu Herzen gehenden Film, der eine Menge Medienkritik versprüht und den Wahnsinn vieler Verlage, nicht mehr in Printausgaben zu investieren, zur Diskussion stellt. Dazu muss man wissen, dass „Life!“ ein großformatiges US-Hochglanzmagazin war, in dem die besten Fotoreportagen der Welt veröffentlicht wurden.

Bei Stillers Komödie, untermalt mit einem tollen Independent-Musik-Soundtrack, spielen die Bilder eine wichtige Rolle: Zum Niederknien ist die Szene, in der Cheryl in einem von Walters Tagträumen Gitarre spielt und David Bowies Song „Mayor Tom“ singt, was Walter als Aufforderung versteht, trotz Sturms in den startenden Hubschrauber zu springen, der von einem betrunkenen Piloten gesteuert wird. Dazu gehört auch die irre, halsbrecherische Skateboardfahrt auf einer kurvenreichen steilen Straße auf Island. Dies Szene ist jedoch ganz real, denn im Laufe des Films braucht Witty keine Fantasien und Tagträume mehr, er wird zum Helden seines eigenen Lebens. Wie nach einem Frank-Capra-Film geht man gerührt aus dem Kino.



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Text: René Erdbrügger




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