Mittwoch, 31. Dezember 2014

Wir sehn betroffen Den Vorhang zu und alle Fragen offen

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen. […]
Soll es ein andrer Mensch sein? Oder eine andere Welt?
Vielleicht nur andere Götter? Oder keine? […]
Sie selber dächten auf der Stelle nach
Auf welche Weis dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss!
Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!“
– Bertolt Brecht: Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan.

Happy New Year




Ein Mensch beklagte sich ständig über andere und über den "Zustand der Welt". Ein weiser Mann erbarmte sich eines Tages und sagte zu ihm: "Wenn du wirklich Frieden haben willst, versuche dich selbst zu ändern, nicht andere. Es ist einfacher, die eigenen Füße mit Schuhen zu schützen, als barfuß zu rennen und sich zu wünschen, die ganze Welt wäre mit Leder ausgelegt."

Fünf Lieblingsfilme 2014

1) Das erstaunliche Leben des Walter Mitty
2) Boyhood
3) Can a song safe your life?
4) Gone Girl
5) Planet der Affen - Revolution

Sonntag, 28. Dezember 2014

Schlachten, Schlachten und Schlachten


Mal eben noch "Der Hobbit - Die Schlacht der fünf Heere" gesehen. Leider zu viel Gemetzel und prätentiöses Gehabe. Zwiespältige Gefühle.

Und hätte noch gern mehr gelesen...


Nachtlektüre (2014/62): Caroline Kepnes: "You" (Simon & Schuster)


Freitag, 26. Dezember 2014

Donnerstag, 25. Dezember 2014

"The Interviev" zum Streamen via YouTube Movies, Xbox Video, Google Play und www.seetheinterview.com




Seit Mittwochabend ist der umstrittene Film "The Interview" via YouTube Movies, Xbox Video, Google Play und der separaten Sony-Webseite www.seetheinterview.com zu sehen.

In "The Interview" geht es um zwei Journalisten und ein fiktives Mordkomplott gegen den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un. 

"Fargo" - Die Serie

Like "Hannibal," but with a lot less cannibalism, "Fargo" reworks already-amazing source material into a shape that it can only take on television. The precision of the Coen brothers film is given room to breathe in the weekly format, as its theme of the slippery slope of criminal activity gets futher, fascinating examination. (www.rogerebert.com)

Nachtlektüre (2014/61): Tana French: "Geheimer Ort" (Scherz)


Merry Xmas Everybody


Mittwoch, 24. Dezember 2014

Exodus: Götter und König: Gott ist ein zorniger Junge


Ridley Scotts Monumental-Bibel-Epos über die Befreiung des Volkes Israel überrascht mit optischer Opulenz und Tiefgang

Zwei Stiefbrüder, die zu  Feinden werden, Sklaverei, blutige Schlachten und eine übernatürliche Macht, die die Menschen mit zehn grässlichen Plagen heimsucht. Nein, „Exodus: Götter und Könige“ ist alles andere als ein besinnlicher Weihnachtsfilm. Doch der Stoff, den sich auch ein begnadeter Drehbuchautor ausgedacht haben könnte,   hat Hollywood immer wieder inspiriert: „Die Zehn Gebote“  (1956) mit Charlton Heston bleibt genauso in Erinnerung wie die beeindruckende Disney-Adaption „Der Prinz von Ägypten“ (1998).
Nun schlägt Ridley Scott (77, „Alien“; „Gladiator“)  das Bibelkapitel aus dem alten Testament auf: Seine Vision der Geschichte um Moses, gespielt von Batman-Darsteller Christian Bale, der die Israeliten ins gelobte Land führte, ist ein visueller Triumph, der mit der Flucht des auserwählten Volkes vor der Armee des Pharaos und der Teilung des roten Meers seinen Höhepunkt erreicht.
Fast eine halbe Stunde dauert der Showdown, der mit allen Finessen der Computertechnik  ein bis dahin nie gesehenes 3D-Spektakel generiert, in dem der ägyptische Herrscher und seine Soldaten wie bei einem Tsunami von einer Riesenwelle niedergewalzt werden.
Es ist so, als wollte Scott   mit seinen überbordenden Landschaftspanoramen und Vogelperspektiven die Renaissance des Monumental-US-Kinos aus den 50er und 60er Jahren einläuten. Dagegen wirkt die „Noah“-Bibelverfilmung von Darren Aronofsky aus dem Frühjahr geradezu wie ein Kammerspiel und ästhetisch wenig aufregend.  Erzählerisch wählt Scott den konservativen Weg, indem er sich chronologisch an den biblischen Plot hält. Er  hetzt aber dabei oft sprunghaft von Szene zu Szene –  das  Problem vieler Sandalenfilme. 
Es ist das Jahr 1300 vor unserer Zeitrechnung:   Moses, ein Findelkind,  und Ramses (Joel Edgerton) wachsen gemeinsam wie Brüder in der ägyptischen Pharaofamilie auf. Als Ramses  seinem verstorbenen Vater Seti (John Turturro) auf den Thron folgt und Pharao wird, erfährt Moses von dem hebräischen Gelehrten Nun (Ben Kingsley), dass er auserwählt ist, die Sklaven von der Jochschaft der Ägypter zu befreien.   Ramses erfährt davon.  Der frisch gekürte Herrscher,  immer schon ein wenig eifersüchtig auf Moses, der Seti mit seinen kämpferischen Fähigkeiten zu Gefallen wusste, verbannt seinen Stiefbruder daraufhin in die Wüste und schickt ihm zwei Männer hinterher, die ihn töten sollen. Oder war es vielleicht  Ramses’ Mutter (Sigourney Weaver)? 
Doch Moses kann sich ins Exil retten, aus dem er schließlich zurückkehrt, um zum Aufstand aufzurufen, weil Jahwe nun mal von ihm verlangt, die Israeliten ins geheiligte Land Kanaan zu führen.
Den Fokus setzen Scott und sein Drehbuch-Team, darunter Steven Zaillian,    Autor  des Dramas  „Schindlers Liste“, ganz klar auf die  beiden Brüder.    Auf der einen Seite der charismatische Moses, der zu Beginn der Handlung gar nicht an Gott und Prophezeiungen glaubt, ein Zweifler, dann aber Frau und Kind verlässt, um seine Leute aus der Sklaverei zu befreien, auf der anderen Seite Ramses, hin- und hergerissen zwischen Rache und Sorge  um seine Familie. Dabei ist Ramses’  Zwiespalt  durchaus nachzuvollziehen. Gern würde er die Sklaven gehen lassen, aber das sei nicht produktiv, erklärt Ramses seinem Stiefbruder, als dieser ihn zur Rede stellt.
In solchen Szenen bekommt das  Bibelepos frischen Wind und schlägt die Brücke zur Gegenwart  und zu Debatten über moderne Arbeitsverhältnisse. Und wenn Gott Moses in Gestalt eines  zornigen Schuljungens erscheint, der keine Diskussionen zulässt, ist das nicht nur sehr originell, sondern dahinter ist der Agnostiker Scott zu spüren. Auch die Frage „Welche Fanatiker beten solch einen Gott an, der sogar Kinder tötet?“, muss sich Moses gefallen lasen.

In manchen Szenen deutet der Regisseur an, dass die Erscheinung des  Allmächtigen vielleicht doch nur in Moses’ Einbildung geschieht. Da legt uns Scott, der in einem Interview sagte,  der Glaube sei ihm in seinen Jugendjahren etwas abhandengekommen, aber all das stecke noch tief in ihm, doch noch ein Bonbon mit einem bitteren Kern auf den bunten Weihnachtsteller. ****

René Erdbrügger

Samstag, 20. Dezember 2014

Nachtlektüre (2014/60): Joe R. Lansdale: Dunkle Gewässer (Krimi Tropen)


Nachtlektüre (2014/59): Solomonica de Winter: "Die Geschichte von Blue" (Diogenes)




Nachtlektüre (2014/58): Patricia Highsmith: "Elsies Lebenslust" (Diogenes)


„Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1“ - Wo bitte geht's zur Action?

Die Zuschauer mögen zwar in die Kinos strömen, aber "Mockingjay" ist ein schlechter Film, ein Film ohne Seele.Wer die beiden vorherigen Teile von "Die Tribute von Panem" nicht kennt, hat sowieso keine Chance, hier durchzublicken. So geht es in "Mockingjay" in medias res: Die Anführerin im unterirdisch angelegten Distrikt 13 - Präsidentin Coin (Julianne Moore) - hat Katniss (Jennifer Lawrence) dazu überredet, als Leitfigur die Menschen in den von Snow (Donald Sutherland)  mit harter Hand regierten Distrikten zur Rebellion zu bewegen. Da sie das Gesicht des Widerstands ist, werden Propagandafilme mit ihr gedreht, die dann überall ausgestrahlt werden.
Aber das ist auch schon alles, was der Zuschauer zu sehen bekommt. Es gibt nur eine Actionszene, in der  Katniss mit einem ihrer Pfeile einen Kampfjet abschießt. Die Hungerspiele, bei denen sich Jugendliche auf Leben und Tod bekämpfen, sind vorbei - sie waren das Salz in der Suppe in den vorherigen Teilen. Jetzt gilt es, die Mächtigen zu stürzen. Weil Hollywood die Geldkuh aber so lange wie möglich melken will, wurde der letzte Teil gesplittet - auf Kosten der Dramaturgie und der Spannung. Fast alle Szenen spielen im Bunker, außer einigen Dialogen passiert so gut wie nichts. Und das mehr als zweieinhalb Stunden lang. Schlecht für Jennifer Lawrence, weil man jetzt auch merkt, dass sie überhaupt nicht spielen kann - oder will. Was auch immer.
Aber wer will es ihr verübeln: So ist "Mockingjay 1" dann auch nicht mehr als eine Hinführung zum Showdown. Ein überflüssiger Wurmfortsatz. Dass man mit Filmen Geld machen will, ist klar, aber vor Jahren wäre niemand auf den Gedanken gekommen, so dreist den Mammon vor den filmischen und ästhetischen Anspruch zu stellen. Ganz, ganz übles Kino.  (erd) *

"Interstellar" - Ein Haufen Weltraumschrott

Die Menschen auf der  Erde werden von Sandstürmen und Trockenheit geplagt. Das letzte Stündlein der Menschheit hat geschlagen. "Gehen Sie raus und retten sie die Welt. Suchen Sie uns eine neue Heimat“, so lautet der Auftrag von Professor Brand (Michael Caine) an den Farmer und ehemaligen Astronauten Cooper (Matthew McConaughey) und sein Team. Durch ein Wurmloch am Saturn sollen der Space-Cowboy und sein Team in ein fernes Sternensystem gelangen und einen neuen bewohnbaren Planeten suchen. Brands Tochter (Anne Hathaway) unterstützt ihn bei der Mission.

Auf keinen Film war ich in diesem Jahr so gespannt und neugierig wie auf „Interstellar“ von Christopher Nolan. 2012 hat der Regisseur  mit „The Dark Knight Rises“ seine Batman-Trilogie abgeschlossen, nun greift er  nach den Sternen.  Während er im Action-Genre Maßstäbe gesetzt hat und mit "Inception" einen der großartigsten Filme der letzen Dekaden gedreht hat, trudelt „Interstellar“ wie ein steuerloses Raumschiff im All umher. Die erste Stunde ist dröge, der Rest nur wirr und seltsam statisch wie ein Kammerspiel.
Fremde Sterne, Wurmlöcher, Zeitreisen, Schwarze Löcher, multiple Dimensionen und Botschaften aus der Zukunft - ja geht's noch? Das ist einfach too much. Nolan und sein Bruder, der das Drehbuch mit geschrieben hat, bedienen sich einerseits an der Nomenklatur populärwissenschaftlicher Bücher über das Thema und andererseits versehen sie das Ganze mit Bildern, die wir von "2001", "Star Wars", "Der Stoff, aus dem die Helden sind" und "Gravity" längst kennen. Selbst die tanzende Raumstation aus "2001" ersparen uns die Nolan Brüder nicht. Bei der Szene hinter der Bücherwand plagiieren sie sogar „Inception“. Was fehlt, ist die Vision, das Aha-Erlebnis. Interstellar - das ist nur ein Haufen Weltraumschrott. **

René Erdbrügger


Sonntag, 14. Dezember 2014

Nachtlektüre (2014/57): Sarah Lotz: "Die Drei" (Goldmann)


Nachtlektüre (2014/56): Chris Pavone: "Die Frau, die niemand kannte" (Piper)


"Hannibal" Season 2

Die Vorgeschichte Hannibals steht für sich allein, irgendwo in einem Paralleluniversum angesiedelt. Stephen King twittert: After watching two seasons of Hannibal, I think a new license plate motto is in order: MARYLAND, HOME OF EXOTIC MURDER SCENES. Die Sets allein sind es wert, diese Serie zu kaufen. Morbide Kunst, keine Frage. Wie für Season 1 gilt: Nur in kleinen Dosen zu genießen.

"Star Wars"-Teaser

Kaum ein Film wird  so sehnsüchtig erwartet wie das neue Abenteuer aus dem legendären "Star Wars" Universum. "Star Wars": Das Erwachen der Macht" startet am 17. Dezember 2015 in den deutschen Kinos. Jetzt gibt es einen Teaser, der allerdings unfreiwillig komisch ist - als wäre Mel Brooks dafür verantwortlich, der bereits eine formidable "Star Wars"-Parodie abgeliefert hat.  

"Suits" (Season 1-3)

Neue Top-Anwaltserie.

Samstag, 15. November 2014

Nachtlektüre (2014/54): Carsten Stroud: "Niceville"(Dumont)



Mischung aus Thriller und Horror - nicht ganz überzeugend.

Der neue Jäger - Der Fortschritt kennt kein Pardon

Quickborner  Autor schreibt  über den  Wandel in der  Druckbranche 

Quickborn  Mit seinem Debüt-Roman „Kalte Wasser“ (2008) hat Peter Jäger (74)  ein historisches Thema aufgegriffen – die Adenauer-Ära und den Aufbruch der rebellierenden Jugend vor dem Hintergrund der großen Sturmflut am 16. Februar 1962.  Auch sein   neuer Roman „Junge Füchse. Alte Hasen. Die Kunst des Überlebens“ ist wieder ein Stück Zeitgeschichte. Der Quickborner Journalist und Autor, der auch für diese Zeitung arbeitet, hat sich intensiv mit dem Wandel in der Druckbranche befasst. Und wieder ist es ihm gelungen, seiner Story eine kräftige Portion Leben  einzuhauchen.
Über die Idee für den Roman sagt  der Autor: „Ich stelle einen alten Hasen des Druckerei-Gewerbes vor, der den technischen Wandel verschlafen hat und deswegen in Schwierigkeiten gerät. Die billigere Konkurrenz der Internetanbieter hat seine Kunden erreicht und fordert unliebsame Entscheidungen von ihm. Aber er resigniert nicht. Eddi Buchholz kämpft um sein Lebenswerk,  was nicht ohne Zoff  in seinem Betrieb und in der Familie abgeht.“
Geschickt schlägt Jäger im Roman eine Brücke zu den erfolgreichen „jungen Füchsen“ einer  Werbeagentur. In seiner Verzweiflung geht der alte Unternehmer einen Beratungspakt mit dem agilen Agentur-Inhaber Sven Kinkel ein. Aber schon bald riskiert der gestresste Kinkel, zerrissen von einem schwierigen Spagat, nicht nur seine Karriere, sondern auch seine leidenschaftliche Beziehung zu Monika, der Tochter von Eddi Buchholz. Wie schon in „Kalte Wasser“ kommen auch Eros und Erotik nicht zu kurz. Für  Verwirrung  sorgt eine rassige Spanierin, die ein falsches Spiel treibt.  Ein besonders originelles Element des Buches darf nicht unerwähnt bleiben: Die Geschichte wird aus der Sicht zweier Journalisten erzählt, die sich regelmäßig in der Autobahnraststätte Holmmoor-West treffen. Bei einem „gigantischen Frühstück“ entwickeln sie ihre Ideen und  den Fortgang der Erzählung  – bis zum Finale.  Dieser Teil bildet sozusagen den Rahmen  für den Roman. 

Handlung spielt 2001/2002

Zeitlich ist der Plot  in den Jahren 2001/2002 angesiedelt. Schauplätze sind Quickborn, Norderstedt und Hamburg. Obwohl der Roman online erschienen ist,  gibt es ein Titelblatt, das vom Quickborner Künstler  Hans-Werner Seyboth gestaltet wurde.  „Mit der alten Schreibmaschinen-Typografie will ich eine optische Verbindung von der Tradition des Buchdrucks zur heutigen digitalen Technik herstellen. Das Titelbild ist eine verfremdete, von mir gezeichnete Landschaft, die an Probedrucke aus der Rotationsmaschine erinnert und an Lettern aus dem Setzkasten“, sagt Seyboth. 
Auf die Frage, warum der Autor den neuen Roman als E-Book anbietet, antwortet  Jäger: „Das hat mit der Überlastung der Lektorate zu tun, die bei der Vielzahl von Manuskript-Bewerbungen höchst selten einem wenig bekannten Schriftsteller die Chance für eine Veröffentlichung einräumen. Bereits während des Schreibens, nach einem halben Jahr, habe ich einige Verlage erfolglos angeschrieben“, sagte er.
Von der Online-Ausgabe in der Vorweihnachtszeit verspreche  sich der Autor eine „Anschubwirkung“, um sich bei Verlagen für eine Buchausgabe ins Gespräch zu bringen. „Die gedruckte Ausgabe bleibt mein Ziel, das ich nicht aus den Augen verlieren werde“, sagt Jäger.

Der Roman ist über die  Plattform  „neobooks.com“ der Verlage Droemer Knaur und Rowohlt erhältlich. Man kann ihn dort  für  6,49 Euro herunterladen. Auch Amazon bietet  „Junge Füchse. Alte Hasen“ an. 

René Erdbrügger

Sonntag, 26. Oktober 2014

Nachtlektüre (2014/53): Neil Gaiman: "Der Ozean am Ende der Straße" (Eichborn)


"The good Wife - Season 5": In dubio pro reo

Die beste Anwaltsserie aller Zeiten. Wer wissen möchte, wie das moderne Amerika politisch und gesellschaftlich tickt, kommt an "The good Wife" nicht vorbei.






Samstag, 25. Oktober 2014

„The Equalizer“: Die Bestie von nebenan

Zwölf Jahre nach „Training Day“ haben Regisseur Antoine Fuqua und Schauspielstar Denzel Washington wieder einen Film am Start: „The Equalizer“.  Washington  spielt Robert McCall, einen scheinbar biederen Baumarkt-Angestellten. Was niemand weiß: Er ist ein ehemaliger Agent. Als die blutjunge Prostituierte Teri (Chloë Grace Moretz), mit der sich McCall angefreundet hat,von ihrem Zuhälter zusammengeschlagen wird, verwandelt sich Robert in eine Bestie. Aus dem netten Mann von nebenan wird eine Mord-Maschine, die auf Rache sinnt und sich mit der Russenmafia anlegt. „The Equalizer“, basierend auf einer TV-Serie, erhebt keinen Anspruch auf Realismus, dafür ist McCalls Rachefeldzug zu absurd und die Gewalt bewusst ästhetisiert. Ein paar Gewaltszenen weniger hätten dem durchaus sehenswerten Rache-Thriller dennoch gut getan. **** (erd)

Sonntag, 19. Oktober 2014

Nachtlektüre (2014/52): Alex Marwood: "Im Schatten der Lüge" (Heyne)

Ein Thriller.

Singen für den guten Zweck: "God Only Knows"

Die  BBC hat  26 Gastsänger für die  Coverversion des Beach Boys-Klassikers "God Only Knows" gewinnen können. Das Geld fließt in die BBC-Hilfsorganisation "Children In Need". Gut so. Die Version ist zwar gewöhnungsbedürftig, das Video aber großartig.

Und hier das Original:


Nachtlektüre (2014/51): Chris Pavone: "Das Manuskript" (Verlag Piper)


Thriller mit vielen Wendungen und Insider-Wissen aus der Verlagsbranche. I like it!

Wir freuen uns auf ... "Birdman"


Das Drama "Birdman" ist in den USA gestartet und bekommt glänzende Kritiken. Vom Film des Jahres ist sogar die Rede. 

Auf www.rogerebert.com ist zu lesen: "It’s powerfully clear that they all worked their asses of to make this complicated thrill ride look effortless. The result is one of the best times you’ll have at the movies this year–which might even be the best movie this year."

Und Peter Travers vom Rolling Stone meint: "I'm jazzed by every tasty, daring, devastating, howlingly funny, how'd-they-do-that minute in Birdman. Like all movies that soar above the toxic clouds of Hollywood formula and defy death at the box office, Alejandro G. Iñárritu's cinematic whirlwind will bring out the haters. They can all go piss off. Birdman is a volcano of creative ideas in full eruption. Buy a ticket and brace yourself."



Donnerstag, 16. Oktober 2014

Nachtlektüre (2014/50): David Cronenberg: "Verzehrt" (Fischer)

Das grandiose Roman-Debüt des Kult-Regisseurs. Genauso verstörend wie viele seiner Filme.

Zurück nach "Twin Peaks"


Regisseur David Lynch hat eine Fortsetzung seiner Kult-Serie "Twin Peaks" angekündigt. Was allerdings nicht verwundert, denn es muss einen Grund gegeben haben, dass nach mehr als 20 Jahren die alte Serie auf Blu-ray und in einer wunderschönen Klapp-Box erscheint -  mit rund anderthalb Stunden geschnittener Szenen aus „Twin Peaks - Der Film“.

Außer zahlreichen TV-Vorschau-Spots ist die 20-minütige Dokumentation „Rückkehr nach Twin Peaks“, in der Fans berichten, was sie an dieser Serie so fasziniert, mit enthalten. Hinzu kommen der Original-Pilotfilm und Interviews mit allen wichtigen Schauspielern und Crewmitgliedern: Hauptfigur Kyle MacLachlan etwa erzählt von der Zusammenarbeit mit David Lynch und wie er in seine Rolle des Ermittlers Cooper fand.
Wie dem auch sei: Wer die Serie bisher nicht kannte, kann sich nun ein Bild davon machen und für sich entscheiden, ob die zahlreichen Lobeshymnen gerecht sind. Ich meine: "Twin Peaks" - surreal, skurril und spleenig - war auf jeden Fall seiner Zeit weit voraus, auch wenn es in den späteren Folgen unnötige Längen gab und man deutlich merkt, dass Lynch einfach nichts mehr einfiel.  (erd)


Mittwoch, 15. Oktober 2014

Nachtlektüre (2014/49): Nic Pizzolatto: "Galveston" (Verlag: Metrolit)

Von dem Mann, der uns die HBO-Serie "True Detective" bescherte. Ein Noir-Roman über Schuld und Sühne.

"Can A Song Save Your Life?" - Dieser Film rettet Dir den Tag

Mit "Once" hat John Carey einen der schönsten Liebesfilme aller Zeiten geschaffen. Sollen wir  ihm also verzeihen, dass "Can A Song Save Your Life?“ nichts weiter ist als eine Variation seines Kultfilms - diesmal gedreht  für das Mainstream-Publikum.
Warum nicht? Ein abgehalfterter Musikproduzent (Mark Ruffalo) mit Hang zum Alkohol und eine junge, talentierte Musikerin (Keira Knightley), die von ihrem Freund ("Maroon 5"-Sänger Adam Levine) betrogen wurde, begegnen sich zufällig in einer Bar. Dort spielt und singt sie eher recht als schlecht  einen selbst komponierten Song - doch er hört das Potenzial in dem Lied und überredet sie dazu, auf den Straßen von New York ein Album aufzunehmen.
Das Märchen "Can A Song Save Your Life?“, das sich den Erzählkonventionen von Liebeskomödien dieser Art widersetzt, handelt von der Kraft der Musik, die kranke Seelen zu heilen vermag, und erinnert daran, seine Träume zu verfolgen. Ein Film, der einem vielleicht nicht das Leben, doch den Tag retten kann. (erd) ****


Donnerstag, 9. Oktober 2014

"Gone Girl": Abgründe einer Ehe

Edelthriller, Melodram  und Mediensatire in  einem:  Regisseur David Fincher hat den  Bestseller „Gone Girl“  kongenial verfilmt

„Ehen werden im Himmel geschlossen und in der Hölle gelebt“,  hat einmal die Opernsängerin Maria Callas gesagt. Auch für die Beziehung von   Nick  ( Ben Affleck)   und der attraktiven Blondine Amy  (Rosamund Pike) mag das gelten, obwohl der Thriller „Gone Girl – Das perfekte Opfer“ den Zuschauer eine lange Zeit darüber im Unklaren lässt, wie es  um das nach außen zunächst makellos wirkende Traumpaar bestellt ist.
Regisseur David Fincher („Sieben“; „Verblendung“)  hat   den gleichnamigen Bestseller   (Scherz-Verlag; 16,99 Euro) der ehemaligen „Entertainment Weekly“-TV-Kritikerin Gillian Flynn –  den   wohl    raffiniertesten  Krimi der vergangenen zehn Jahre  – nach ihrem eigenen, kongenial   verdichteten Drehbuch verfilmt: Herausgekommen ist ein  zwischen doppelbödigem Edelkrimi, düsterem Ehe-Melodram und greller  Mediensatire changierendes Meisterwerk. Es erschüttert den Zuschauer mit  seinem  größten     halluzinatorischen Schockeffekt – von dem  Elektro-Score   des „Nine Inch Nails“-Gründers Trent Reznor   und des Musikers Atticus Ross verstärkt –   bis ins Mark.
Es  ist  der fünfte Hochzeitstag, als   Amy plötzlich verschwindet. Kampf und  Blutspuren  in der Küche lassen den Verdacht aufkommen,  dass  Nick  seine Frau getötet hat.  Der tumb wirkende  Ehemann  beteuert zwar seine Unschuld, verstrickt sich aber immer mehr in ein Netz aus Lügen und Verrat.  Nach und nach  deuten  Indizien  darauf hin, dass Amy Angst vor ihrem Mann hatte. In einer Mall hat  sie sogar eine Waffe gekauft. Dann aber taucht  ein  Tagebuch auf, das auch die  dunklen Geheimnisse  der scheinbar perfekten  Ehefrau ans Licht bringt.  
Zu diesem Zeitpunkt hat sich die Medienmeute längst ein Urteil gebildet und  Nick vorverurteilt –  angeführt von  der  Moderatorin Ellen Abbott (Missi Pyle),  die in ihrer   auf  bloßen Populismus setzenden   Fernsehsendung eine  Hexenjagd auf den  Ehemann veranstaltet.
Außer der Medienschelte  steht   die grotesk überzeichnete Dekonstruktion einer  modernen Ehe im Mittelpunkt, deren  moralischen Grundfeste sich an den Beziehungen der 50er Jahre zu orientieren scheinen, die jedoch an der Wirklichkeit scheitern.   Das Ehepaar ist nach Missouri gezogen,  die erhofften Karrieren in New York in Zeiten des Medienwandels  kläglich gescheitert.  
Aber auch die kleinen Lügen, Gemeinheiten und Animositäten gegenüber dem Partner, die  sich in eine  Ehe einschleichen können, nimmt Flynn seziererisch  ins Visier,  so dass es einem kalt den Rücken herunterläuft. 
Für die Autorin spielen alle Theater, wie es in dem  Roman heißt. Im Grunde keine neue Idee: Schon der amerikanische Soziologe Erving Goffman  (1922 bis 1982 kommt   zum Schluss, dass sich   alle Menschen eine Fassade schaffen.  Und so scheint es dramaturgisch nur stimmig, dass Buch und Film beide Seiten –  wie in einem Gerichtsprozess – zu Worte kommen lassen, um  die Motivation der   Figuren  zu  enthüllen.   
Der Film übernimmt  dabei die Struktur des Romans, überlässt aber zunächst  Nick den größten Erzählpart.  Amys Tagebucheintragungen, die in der literarischen Vorlage einen großen Teil ausmachen,  wurden gekürzt.  Sie    sind  aus dem Off  zu hören.
Für die Schauspielerin Pike, die bislang immer nur in der zweiten Reihe zu sehen war, dürfte   ihre überzeugende Darstellung  den  Durchbruch  an die Spitze bedeuten.  Auch Affleck ist  in der  Rolle des zunächst  müde wirkenden, aber später aggressiven Ehemanns, dem der Boden unter den Füßen weggerissen wird,  souverän.
Wer den Roman „Gone Girl“,  eine moderne  Pop-Version  von „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“,  gelesen hat,  weiß, dass der große Reiz  aus den   zahlreichen Plot-Twists besteht –  alle finden sich auch im Film wieder –      die die Geschichte immer wieder in eine andere Richtung lenken und immer mehr von Nicks und Amys Psyche  offenbaren.    Am Ende sind diese beiden Figuren entblößt – Abgründe tun sich auf.    Nein, Romantiker sollten um Kinos, die „Gone Girl“ zeigen, einen weiten Bogen machen. Alle anderen werden von diesem intelligenten Thriller   begeistert sein. *****

René Erdbrügger



Montag, 29. September 2014

Nachtlektüre (2014/48): Nick Cutter: "The Troop"


Horror vom Feinsten - aber eklig.

Nachtlektüre (2014/47): Stephen King: "Mr. Mercedes" (Heyne)



Mal wieder ein solider Thriller von Mr. King.

„Guardians of the Galaxy“: Mal wieder das Universum retten




Ein rotzfrecher, schießwütiger Waschbär namens Rocket Racoon, ein Baumriese, der nur den Satz „Ich bin Groot“ murmelt, die grünhäutige Killer-Amazone Gamora, der Muskelprotz Drax the Destroyer, der nicht weiß, was eine Metapher ist, und der Abenteurer Peter Quill, der in den 1970er Jahren von Außerirdischen entführt wurde, und 26  Jahre später als "Star Lord" durch die Galaxien düst, um brauchbaren Weltraumschrott zu suchen. Zugegeben: Das ist ein schräger Haufen. Den Wenigsten dürfte wohl bekannt sein, dass die „Guardians of the Galaxy“, wie sie sich selbst nennen, zum Marvel-Comic-Kosmos gehören, dort aber ein eher zweitrangiges Dasein führen. Ich jedenfalls kannte sie nicht.
Doch das dürfte sich wohl mit diesem Filmauftritt ändern. Regisseur und Drehbuchautor James Gunn („Super“;  „Slither - Voll auf den Schleim gegangen“), der sein Handwerk einst bei der Trashfilm-Produktionsfirma Troma lernte, hat es geschafft, im Superhelden-Comic-Genre einen noch nicht entdeckten Pfad zu beschreiten. Die bunte, surreale Welt von "Yellow Submarine" trifft auf die "Star Wars"-Saga mit ihrem Reichtum an außerirdischen, absurden, freakigen Lebensformen und Weltraumschlachten - so ließe sich diese irre Mischung beschreiben, wenn man denn eine Einordnung vornehmen möchte. Peter Quill gleich Han Solo - warum nicht?

Die Story ist simpel, nicht mehr als ein Gerüst für Spaß, Action, Fantasy und auch ein wenig Pathos: Nach dem Fund einer mysteriösen Kugel, deren Energie den Kosmos zerstören könnte, wird Quill plötzlich zum Gejagten. Oberbösewicht Ronan (Lee Pace) stellt ihm mit seinen galaktischen Kriegern nach. Zunächst sind auch Rocket Racoon, Groot und  Gamora (Zoe Saldana, „Avatar“) hinter der Waffe her. Doch dann landen die vier Gauner im Gefängnis und erkennen, dass sie sich gegen Ronan verbünden müssen.

Mal eben wieder das Universum retten - das haben schon zig Marvel Helden getan, zuletzt "Captain America" mit patriotischem Ernst. Die Gaga-Truppe „Guardians of the Galaxy“ macht es mit viel Humor und coolen Sprüchen, während im Hintergrund die Songs der 1970er Jahre laufen. 
Auch die Nebenrollen sind gut besetzt: Oscar-Preisträger Benicio Del Toro als weißhaariger Sammler von irdischen Schätzen, Glenn Close spielt die Chefin der Weltraum-Polizei und  John C. Reilly schlüpft in die Uniform eines galaktischen Polizisten. 
Nein, ernst nehmen sie sich auf keinen Fall. Das tun die Avengers und andere Superhelden doch auch schon zur Genüge.

***** (erd) 

Sonntag, 24. August 2014

"Lucy"- Blondine mit Killerinstinkt

Ob „Nikita“, „Léon – Der Profi“ oder „Johanna von Orleans“ – wenn junge, attraktive Frauen in seinen Filmen die Heldinnen sind, zahlt sich das für den  französischen Regisseur Luc Besson immer aus.  Nach Parillaud, Portman und  Jovovich nun Hollywoodstar Scarlett Johansson (29). In der Rolle der Lucy, so auch der Filmtitel, wird sie in einen gefährlichen Handel verwickelt und gezwungen, in ihrem Körper synthetische Drogen zu schmuggeln, die aber in ihren Blutkreislauf geraten und Lucy zu einer Einzelkämpferin mit übermenschlichen Kräften mutieren lassen. Je mehr Gedanken-Power sie dazugewinnt, umso stärker werden ihre Fähigkeiten: Eine brutale Gang, die ihr auf den Fersen ist, steckt sie ebenso in die Tasche wie den Top-Hirnforscher Norman (Morgan Freeman), der über die noch nicht ausgeschöpften Fähigkeiten des Gehirns referieren darf. Ein bisschen pseudointellektuelles Futter für die grauen Zellen.
Die wahren Helden dieses Action-SF-Esoterik-Films, der seine Geschichte in 90 Minuten zu erzählen weiß, sind nämlich die Effekte: In Sekundenschnelle scannt Lucy Mensch und Maschine, lässt Gangster durch die Luft fliegen und reist durch Raum und Zeit, bis sie sich ganz auflöst und nur noch Bewusstsein ist.
So sind die letzten 20 Minuten eine gelungene Hommage an die Film-Klassiker der SF:  von "Der Mann mit den Röntgenaugen" bis zu "2001". 
Dass Besson kürzlich in einem Interview gesagt hat, es werde keine Fortsetzung von "Lucy" geben, obwohl der Streifen ein Riesenerfolg an der Kinokasse ist, geht auch in Ordnung, denn es ist alles erzählt worden - und zwar rund und gut. (erd)
****

Donnerstag, 7. August 2014

Nachtlektüre (2014/42): Patricia Highsmith: "Der Geschichtenerzähler" (Diogenes)


"Planet der Affen - Revolution" - "Ein Affe tötet keinen Affen“

Anspruchsvoller Blockbuster: Die „Planet der Affen“-Fortsetzung ist ein Lehrstück über die Zerbrechlichkeit des Friedens

Wie viel Affe steckt im Menschen, wie viel Mensch im Affen? Das Erbmaterial beider Spezies stimmt in  großen Teilen überein. Schimpansen haben sogar bis zu 99 Prozent der menschlichen Gene. Doch dieser Unterschied von einem Prozent macht eben den Unterschied aus, bestimmt, wer der Herr der Schöpfung ist. Was aber wäre, wenn es zu einer Genmutation käme, die den Affen zu einem Evolutionssprung verhelfen würde?
Von dieser Prämisse geht die vor  46Jahren  gestartete „Planet der Affen“-Reihe aus.  Der  erste Film  aus dem Jahr 1968 mit Charlton Heston basiert auf dem Buch des französischen Schriftstellers Pierre Boulle (1912 -1994). Regisseur Matt Reeves („Cloverfield“) setzt die Serie nun  mit „Revolution“ fort. Der Vorgänger „Prevolution“, der 2011 erfolgreich in den Kinos lief, endet mit dem Aufstand der Affen, angeführt durch den Schimpansen Ceasar.
Die Fortsetzung  spielt zehn Jahre später: Das einst aus einem Forschungslabor freigesetzte Virus hat den größten Teil der Menschheit dahingerafft, die Affen hingegen schlauer gemacht.  Eine Kolonie von Menschen lebt in den Ruinen von San Francisco,  das Volk der Affen in den umliegenden Wäldern.
Wie in einer Natur-DokuDie ersten 20 Minuten sind  allerdings ganz den  „Tieren“ gewidmet: Eine dynamische Sequenz, die wie eine hyperrealistische Natur-Doku der BBC anmutet, gibt Einblicke in das soziale Verhalten und die Hierarchie dieses Affenvolkes nebst Rotwildjagd und der Geburt eines Jungen.
Die Affen kommunizieren  per Zeichensprache und werden von dem hochintelligenten und zur Reflektion fähigen Schimpansen Caesar angeführt. Dieser beherrscht zwar auch rudimentär die menschliche Sprache, aber er ist misstrauisch  gegenüber der Spezies Mensch.
So folgt die  Affenbande seinen moralischen Prinzipien: „Ein Affe tötet keinen Affen“.   Es scheint der Beginn einer neuen zivilisierten Gesellschaft aus  Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos. Reeves und seine drei Drehbuchautoren schaffen damit einen visionären Gegenentwurf –  auch wenn sie ihn nicht konsequent zu Ende denken –  zur  pessimistischen Prolog-Szene aus „2001  – Odyssee im Weltraum“ (1968), in der ein Menschenaffe nach einer Art kosmischem Evolutionsschub einen Artgenossen mit einem Knochen totprügelt –  Regisseur Stanley Kubrick ging konform mit jenen Verhaltensforschern, die  Aggression als Antrieb für die Entwicklung  sehen.
Gespielt wird Caesar abermals von dem britischen Schauspieler Andy Serkis. Dabei bedienen sich nicht nur Serkis, sondern auch die anderen Affen-Darsteller des Performance-Capture-Verfahrens:  Bewegung und Mimik der Schauspieler, die spezielle Körperanzüge tragen, werden dabei im realen Set aufgenommen. Später verwandeln sich die Schauspieler mithilfe grafischer Effekte in Primaten.   Jede Gefühlsregung, von Liebe über Kummer bis Hass, spiegelt sich dann in den Affengesichtern wider.
Dagegen wirken die menschlichen Charaktere blass.  Zur Konfrontation kommt es, als eine Gruppe, angeführt von dem zu Kompromissen bereiten Ehepaar Malcom (Jason Clarke) und Ellie (Keri Russell), auf ihrem Weg zu einem Stausee, der zur Stromgewinnung für San Francisco genutzt werden soll,  das Gebiet der Affen durchqueren muss. Caesar schließt mit den Menschen ein Friedensabkommen, das aber auf beiden Seiten seine Skeptiker hat: Für den Anführer der Kolonie, Dreyfus (Gary Oldmam; „Batman“), sind die Affen schuld am Ausbrechen des Virus.
Offene RechnungHier die guten Affen, dort die bösen Menschen –  dieser vereinfachten Dualität folgt das Drehbuch jedoch nicht. Der einst geschundene Laboraffe Koba (Toby Kebbell) –  seine milchigen Augen und sein Narbengesicht lassen gar Böses erahnen –  hat noch eine Rechnung mit seinen Peinigern offen. Wie viel Mensch in Koba, der rechten Hand von Caesar,  und den von ihm angestachelten Primaten steckt, werden alle Beteiligten bitter zu spüren bekommen. Hier zieht der Plot  den Bogen zum Shakespeare'schen Königsdrama „Julius Cäsar“ über Macht, Loyalität und Verrat, aber auch  zum  ewig schwelenden  Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis. 
Für einen Sommerblockbuster ist „Revolution“, selbstverständlich in 3D aufgenommen,  somit ziemlich ungewöhnlich: Wenige Locations, kaum Actionszenen, dafür aber Dialoge beispielsweise über den Sinn und Unsinn des Krieges im Angesicht einer Bedrohung. „Planet der Affen –  Revolution“ ist ein parabelhaftes Lehrstück, das die Zerbrechlichkeit des Friedens auf eindringliche Weise bewusst macht, und ein echter Anti-Kriegs-Film, wie er in seiner Eindringlichkeit schon lange nicht mehr zu sehen war.
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Von René Erdbrügger



Samstag, 2. August 2014

Neuer Teaser-Trailer: "Interstellar"

Selten einen Trailer gesehen, der so viel Emotionen hat...Womöglich der Film des Jahres.

Nachtlektüre (2014/41): Peter Swanson: "Die Unbekannte" (Blanvalet)


„Jersey Boys": Amerikas erste Boygroup

„Sherry“, „Big Girls Don’t Cry“, „Walk Like a Man“, „Dawn“, „Rag Doll“, „Bye Bye Baby“ und  „Who Loves You“ -  das waren nur einige Hits von Frankie Valli und den  Four Seasons. Regisseur Clint Eastwood hat das mit dem  amerikanischen Theaterpreis Tony ausgezeichnete Musicals „Jersey Boys“ auf die Leinwand gebracht. Mit nostalgischem Blick und Liebe zum Detail.  Der Film erzählt die Geschichte von den jungen italoamerikanischen Männern aus einem Armeleuteviertel in New Jersey auf dem Weg zum Erfolg - Amerikas erste Boygroup.  ****

"Nashville" - Season 2: The Show must go on


Zweite Staffel der Serie  rund um zwei Konkurrentinnen in der Country-Musik-Szene von Nashville. Dabei stehen diesmal die Beziehungen der beiden Frauen im Mittelpunkt. Auch Patriotismus kommt nicht zu kurz. Die großartige Musik versöhnt. ***

"Californication" - Season 6: Suff und Sex in L.A.




Neue wilde Abenteuer von David Duchovny als durchtriebener Frauenheld, Autor und Alkoholiker Hank Moody. Immer noch sehenswert und urkomisch. ****

Starfotograf in Quickborn gestrandet

Hartwig Valdmanis hat einst die Schönen und Reichen der  Welt abgelichtet – heute kümmert er sich  um seine kranke Tochter

Quickborn Hartwig Valdmanis (62) wartet draußen,  obwohl es für die Jahreszeit recht frisch ist. Er blättert in einer Tageszeitung. Nach einer herzlichen Begrüßung geht  es  in einen Anbau des weißen Bungalows, in dem er mit seiner Familie wohnt. Graue Metallschränke  stehen in dem kleinen Raum, in denen  sein Foto- und Videoarchiv untergebracht ist – Zeugnis einer beispiellosen Karriere als Fotograf.
Hartwig Valdmanis erzählt aus seinem Leben. Fotos (6): Erdbrügger
Valdmanis  hat sie alle vor der Linse gehabt: die Schönen und Reichen dieser Welt, die Stars und Sternchen, den Jahrmarkt der Eitelkeiten der vergangenen vier Dekaden. Von Tina Turner, den „Stones“, Lady Di und Leonard Bernstein über Helmut Schmidt   und die Queen bis hin zu Oliver Kahn. Der Star-fotograf, den seine Kollegen und Freunde „Valdi“ nennen,  jettete um die Welt für ein Foto, „jagte“ Steffi Graf in New York und lauerte vor Dieter Bohlens Haus. Er besuchte Weltmeister- und Europameisterschaften und  reiste zu den Filmfestspielen nach Cannes.


Der Starfotograf, der mit acht Jahren zum ersten Mal zur Kamera griff,  war gut im Geschäft: Während der Zeiten, als die Zeitungsverlage noch kräftig zahlten, gab's 20000 Euro für eines seiner Fotos. Bild, Stern und die Bunte lichteten seine Porträts ab. Valdmanis gründete seine eigene Agentur: „Foto Press International“. 17 Fotografen arbeiteten für ihn. Fünf Jahre lang war er der Einzige, der bei der NDR-Talkshow Fotos schießen und diese selbst vermarkten durfte. Schon deshalb möchte er nicht als Paparazzo bezeichnet werden: „Ich bin nie über  Zäune gestiegen und habe nie durch Schlüssellöcher fotografiert.“
So hätte es immer weitergehen können, doch auf dem Zenit seiner Karriere schlug das Schicksal  erbarmungslos zu: Seine Tochter Jennifer, heute 26,  hatte einen schweren Unfall. Während der Behandlungen stellten die  Ärzte darüber hinaus fest, dass Jennifer an einer unheilbaren Muskelerkrankung leidet, die sie an den Rollstuhl fesseln sollte.


Der Starfotograf zog die Konsequenzen: Er löste seine Firma auf, verkaufte sein Haus in Niendorf und zog nach Quickborn in einen Bungalow, den er behindertengerecht umbauen ließ.   „Ich will die nächsten  Jahre uneingeschränkt für Jennifer da sein. Sie muss 24 Stunden am Tag beaufsichtigt werden“, sagt Valdmanis. Und das zieht er ohne wenn und aber durch. Der Fotograf, der für die Hamburger Morgenpost als Polizeireporter gearbeitet hat und die Kieler Redaktion der Bild-Zeitung leitete, lebt heute von wenig Geld.  Seine Frau, die mit dem Mediengeschäft nichts am Hut ab, geht als Kassiererin arbeiten.
„Ich bin in Quickborn gestrandet“, sagt der Mann mit den grauen langen Haaren und dem grauen Vollbart. Etwa so  wie ein Wal an einem unbekannten Strand.

Gern hätte Valdmanis sein riesiges Archiv, das aus Dias, Negativen, Fotos und 5000 Betamax-Kassetten besteht, für viel  Geld verkauft, doch das digitale Medienzeitalter hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die großen Agenturen wie DPA und Reuters gaben ihm eine Korb: „Mensch, Valdi. Das ist ein tolles Archiv, aber die Sachen sind nicht digitalisiert“, musste er sich anhören, denn die Umwandlung sei sehr teuer. „Aber ich  trenne mich ungern von meinen Arbeiten“, sagt der Fotograf.  So bringt er Fotobände seiner Porträts in Eigenregie heraus. Dennoch sind von einer Million Dias und Negativen nur noch 100000 übrig geblieben.  Valdmanis schätzt, dass er zehn Jahre dafür brauchen wird, sie auf Computer und CDs zu übertragen. 

Wenn auch ein großer Teil seiner Fotos vernichtet sind, in seinem Kopf hat er all die Aufnahmen gespeichert.  Er wirft einen kurzen Blick auf einen gelben Spickzettel hat, den er sich gemacht, und   schon laufen vor seinem Auge die Kopffilme zu den Präliminarien der Shootings ab.

Als Weizsäcker seine Rede in Israel an der Klagemauer hielt, abgeschirmt von einem Zelt,  war Valdmanis mit dabei. „Eigentlich durfte man überhaupt nicht fotografieren. Ich habe es trotzdem getan. Weizsäcker hat nur geschmunzelt“, erinnert er sich.  Während der Trauerfeier von Olof Palme sprach Honecker den Starfotografen an. „Ob ich ihn mit Johannes Rau fotografieren könne. Das habe ich getan und später von beiden Dankesschreiben erhalten.“ Und so geht es weiter:  Für Karl Lagerfeld und Chanel hat  „Valdi“ im Backstage-Bereich gearbeitet und einen Blick auf Claudia Schiffer „oben ohne“ werfen dürfen.  „Da denkt man gern dran zurück“, sagt er und schmunzelt. Genauso wie an Jessica Stockmanns nackten Busen, den der Fotograf nur durch Zufall vor seine Linse bekam, als er mit dem langen Tele während eines Tennis-Turniers am Rothenbaum die Reihen abgraste. „Sie zog ihren Pullover aus und dabei rutschte das T-Shirt nach oben.“ In Sibirien hat Valdmanis  alte Ölraffinerien aufgenommen. „Es brodelte, qualmte und zischte.“ Um Bilder vom Absturz der Maschine zu machen, in der Uli Hoeneß saß, sei er um Mitternacht durchs Moor gelaufen.



Man könnte ihm noch stundenlang zuhören, wie er eine Geschichte nach der anderen erzählt. „Andere haben vielleicht ein Erlebnis gehabt, sind  mal über den roten Teppich gegangen. Ich habe fast jeden Tag solche Erlebnisse gehabt.  Je mehr ich erzähle, desto unglaubwürdiger erscheint es.  Ich kann es aber alles beweisen und belegen.“

Von René Erdbrügger

Samstag, 19. Juli 2014

It's just a popcorn movie...

... but I like it.  Gut, könnte man über jeden Blockbuster sagen. Zwar erzählt Bay die Geschichte über den Kampf der Transformers nach Schema F, aber mit einer filmischen Ästhetik und einer Liebe zum Detail, die vielen neuen Popcorn-Movies fehlen. Der Erfolg an der Kinokasse gibt dem Regisseur übrigens Recht und bestätigt meine These, dass das kommerzielle Kino nicht mehr ist als "Jahrmarkt". Dort wurden vor mehr als 100 Jahren die ersten Filme gezeigt. Man erwartet heute nichts Neues mehr, aber das Alte sollte mindestens so spektakulär sein wie beim letzten Kino-Besuch.  ***

Freitag, 18. Juli 2014

Nachtlektüre (2014/36): Michael Farris Smith: "Nach dem Sturm" (Verlag Heyne)


"Rocky" geht am Broadway k.o.

Kaum zu glauben: Nach nur fünf Monaten nach seiner Premiere wird Deutschlands erster Musical-Export, "Rocky", am New Yorker Broadway abgesetzt. Der Grund: Zu wenig Zuschauer. Das auf dem Film von Sylvester Stallone basierende und zuerst in Hamburg aufgeführte Musical käme damit auf nur 200 Vorstellungen. Nachzuvollziehen ist das nicht, den die Inszenierung ist modern und greift auf Elemente des Kinos zurück. So wird auf mehreren Ebenen erzählt. Höhepunkt: Im letzten Teil steht ein richtiger Boxring mitten zwischen den Zuschauern, in dem der alles entscheidende Kampf stattfindet. Ein Gänsehaut-Erlebnis. Vielleicht aber zu modern und rasant für ein konservatives amerikanisches Publikum. (erd)