Mittwoch, 30. Oktober 2013

"Prisoners" - Ein Mann sieht rot

Wie weit darf man gehen, um entführte Kinder zu retten? Das ist das Hauptthema  von  „Prisoners“.  Am Thanksgiving-Tag verschwinden zwei kleine  Mädchen. Ein Verdächtiger wird schnell  gefunden.  Detective Loki (Jake Gyllenhaal) aber muss den Sonderling wegen mangelnder Beweise freilassen. Dover (Hugh Jackman), Vater des einen verschwundenen  Mädchens,  nimmt die Sache daraufhin selbst in die eigene Hand – ein Mann sieht rot.
Das klingt nach einem guten Stoff,  doch  die Inszenierung des  in Europa noch recht unbekannten Kanadiers Denis Villeneuve ist düster und bleischwer -  statt spannend und mitreißend.    „Prisoners“ ist kein Thriller wie beispielsweise „Kopfgeld“ (1996) mit Mel Gibson, sondern ein Drama mit kammerspielartigen Untertönen.  Das ist sicherlich beabsichtigt, aber macht das Zuschauen  die meiste Zeit  zu einer Qual. (erd)

Bewertung: ** Zwiespältig

Lena Stolze - Sie wandelt unter Blumen

Quickborn/Berlin Es ist Dienstagabend. Nach 19 Uhr. Das Telefon in der Quickborner Redaktion klingelt.  Am Apparat ist Lena Stolze. Ich hatte der Schauspielerin, die in Berlin wohnt,  einen Tag zuvor per E-Mail einige Fragen geschickt.  Stolze  möchte     lieber persönlich   antworten.
Im November kommt sie  nach Hamburg und Quickborn.  Zusammen mit Gabriele Rossmanith, Kammersängerin der Staatsoper Hamburg, und Eberhard Hasenfratz am Klavier,  Vorsitzender des Vereins   Kammermusik  Quickborn,   wird sie einen Liederabend gestalten. Titel:  „Ich wandle unter Blumen“ – Lieder und Literatur von Liebe, Sehnsucht und Vergänglichkeit“.
Die Schauspielerin wird Texte rezitieren  –  unter anderem  von Hans-Christian Andersen, Gottfried Benn, Anette von Droste-Hülshoff und Kurt Schwitters –  und Rossmanith singen und Hasenfratz Klavier spielen.  Lieder von Robert Schumann, Richard Strauss, Alma Mahler, Fanny Hensel, Claude Debussy und Francis Poulenc stehen auf dem Programm.
„Unser großer Wunsch ist es, die Menschen mit unseren Beiträgen zu unterhalten und  zu berühren“, sagt Stolze, die zusammen mit Rossmanith die Idee zu dem Liederabend hatte. Die Texte  hat Stolze  selbst ausgesucht. Zu Hause, wo sie eine große Bibliothek besitzt.  Auf die Balance käme es ihr an, denn zu dem Thema gebe es viele melancholische Texte. „Die Blume ist eine Metapher für die vielen Dinge, die einem Menschen im Leben begegnen“, sagt sie. Die guten wie die schlechten.
Die Zuhörer können sich auf einen großen Abend bester Vorlesekunst freuen. Stolze hat Hörbücher wie „Die Bildhauerin“ gelesen und während ihrer Zeit in Hamburg am Thalia Theater Leseabende  gegeben. Während dieser Zeit hat die Schauspielerin  Rossmanith kennen gelernt:   „Unsere Söhne gingen auf dieselbe Grundschule“, sagt Stolze. Schon damals sei der Wunsch entstanden, mal etwas Gemeinsames zu machen.
Geprobt wird so lange, bis es aus einem Guss ist, sagt Stolze.  Lieder und Literatur – das passt. „Ich bin mit klassischer  Musik aufgewachsen. Fast jede Woche gehe ich  zu den Proben der Berliner Philharmoniker“, sagt Stolze. Im Augenblick höre sie viel Mahler.
Jetzt horcht der Filmfan auf: In „Mahler auf der Couch“ (2010)  spielt Stolze  Mahlers Schwester Justine und würzt das Ehedrama mit schnippischen Gouvernanten-Bemerkungen.   Stolze ist eine Schauspieler-Legende: Als junge Widerstandskämpferin Sophie Scholl in „Die weiße Rose“ (1982)  –  außer „Die Blechtrommel“ und „Das Leben der Anderen“   der wohl wichtigste deutsche  Film der Nachkriegszeit –   wurde sie dem breiten Publikum bekannt. Hängt ihr diese Rolle heute noch nach? „Es ist schon erstaunlich, wie lange diese Figur im Gedächtnis geblieben ist. Es ist eine Gnade. Sophie Scholl ist eine wichtige Figur“, sagt sie.
Während der letzten Jahre ist Stolze vom Kino ins Fernsehfach gewechselt und überzeugt dort mit starken Frauencharakteren.  Gerade beschäftigt sie sich  mit Artikel drei, Absatz zwei des Grundgesetzes und wie es zu der Formulierung „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ überhaupt kam. „Das ist für einen Fernsehfilm, in dem  ich  eine von zwei Frauen spiele, die  das Grundgesetz um eine Formulierung reicher gemacht haben“, erzählt sie.
Welch ein Zufall: Am Sonntag, 3. November, am Tag ihres Auftritts in Quickborn, läuft  in der ZDF-Reihe Herzkino-Film „Beste Freundinnen“.  Er  erzählt die Geschichte zweier Frauen, die sich vor 20 Jahren bei einer Schiffskatastrophe kennen gelernt haben und seitdem immer zusammen Urlaub machen. Doch  für    Caro Ellermann, gespielt von Stolze, wird es die letzte Reise sein. Beginn im ZDF ist um 20.15Uhr. „Dann müssen wir ja sehen, dass wir mit dem Liederabend rechtzeitig fertig sind“,  sagt Stolze scherzhaft.

Von René Erdbrügger


Lena Stolze.


Veröffentlich im Quickborner Tageblatt vom 28. Oktober 2013

Freitag, 25. Oktober 2013

Guillermo del Toro - Ein Hausbesuch

Regisseur Guillermo del Toro zeigt seine großartigen Sammlung an Kuriositäten  - sensationell.

Sonntag, 20. Oktober 2013

Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka

Oliver Kalkofe (links) und Bastian Pastewka im  Hamburg 2007.
Foto: Erdbrügger

"Rush" - Wie ein gut geölter Motor

Testosteron geschwängertes Motorsport-Drama


Regisseur Ron Howard ( „Apollo 13“) erzählt die wahre Geschichte der beiden Rennfahrer James Hunt (Chris Hemsworth) und Niki Lauda (Daniel Brühl). Die Rivalität zueinander treibt den lässigen Briten, der außer den Wettrennen nur Frauen, Drogen und Alkohol im Kopf hat,  und den pragmatischen Österreicher, der nur an schnelle Motoren denkt, zu Höchstleistungen an. Howard gelingt ein überraschend sehenswertes Biopic, das mit rasanten Rennen, frechen Dialogen und dem Kolorit der 70er Jahre überzeugt. Ein Film, der mehr Zuschauer verdient hätte.

Von René Erdbrügger

Dienstag, 8. Oktober 2013

"Gravity": Völlig losgelöst

Lautlos im Weltall. Foto: Warner Bros.
Regisseur Alfonso Cuarón hat einen Klassiker gedreht
So nah war der Zuschauer dem Weltall bisher noch nie: In „Gravity“ nimmt Alfonso Cuarón uns mit auf eine Reise in den Orbit, zu einem Space-Shuttle, wo die Astronauten Kowalsky (George Clooney als abgeklärter Space-Jockey) und Stone (Sandra Bullock in ihrer bislang überzeugendsten Rolle) Arbeiten außerhalb des Raumschiffs am Weltraumteleskop Hubble verrichten. Als heranrasende Trümmerteile eines Satelliten auf  das Shuttle treffen, treiben die beiden Astronauten, nur durch ein Kabel miteinander verbunden, ins All und sind auf sich allein gestellt. Es gibt keinen Funkkontakt mehr zur Erde, die Sauerstoffreserven sind beinahe aufgebraucht. Ein Wettrennen  gegen die Zeit beginnt. Irgendwo in der Ferne blinken die Lichter der Raumstation ISS, die es zu erreichen gilt, während Mutter Erde ihnen von der Sonne angestrahlt entgegenleuchtet.
Kammerspielartig erzählt Cuarón von existenzieller Verlorenheit, von der Hoffnung und von Wiedergeburt. Er zitiert Klassiker wie „2001“, wenn Bullock sich wie ein Embryo zusammenkauert, und „Alien“, wenn sie sich durch die Gänge der Raumstation zwängt - ohne die Ikonen zu kopieren. Und er macht die letzten 30 Minuten des Films mit seiner Dramatik und Spannung zu einem Lehrstück des effizienten Action-Kinos. Auch wenn recht viel gesprochen wird, der Film könnte auch ohne Worte funktionieren.
Mögen Krittler auch auf einige Ungereimtheiten und Logikfehler hinweisen, nach 90 Minuten ist klar, dass „Gravity“ nicht nur der beste Film des Jahres ist, sondern ein Klassiker, der mit 3D-Bildern aufwartet, die es so bislang nicht auf der Leinwand zu sehen gab und die uns durch ihre Schärfe und ihren Realismus das Gefühl vermitteln, hautnah dabei zu sein, ja zusammen  mit  den beiden Astronauten im All zu schweben. Gravity heißt Schwerkraft, aber die Kamera ist völlig losgelöst und wir mit ihr.
Von René  Erdbrügger
Bewertung: Herausragend