Samstag, 20. Juli 2013

"Pacific Rim": Die Monster sind los

Regisseur Guillermo del Toro ließ   sich  für  sein  Spektakel „Pacific Rim“ von   den  japanischen Godzilla-Filmen inspirieren 

Gut gebrüllt, Monster.
Fotos (3): Warner Bros.
Hollywood ist immer noch der Ort, wo Männer ihre Kindheitsträume wahr werden  und andere  daran  teilhaben lassen können. Das funktioniert dann so: „Am Anfang stand die Vision eines Monsters vor seinen Augen, das im Nebel aus der Brandung des Ozeans steigt, um gegen einen riesigen Roboter zu kämpfen“, erzählt Drehbuchautor Travis Beacham („Kampf der Titanen“).  Wenn im späteren Verlauf der Handlung von „Pacific Rim“  Riesenviecher Tokio dem Erdboden gleichmachen, Wolkenkratzer  einstürzen lassen, als seien sie aus Pappmaché, Feuersäulen in  den Himmel schießen, eine Nahaufnahme einen Echsenfuß zeigt, der ein Auto zertritt, und markerschütternde Saurierschreie ertönen, werden wehmütige Erinnerungen an die heiß geliebten Sonntagnachmittags-Vorführungen im Kleinstadt-Kino wach. In diesen Momenten schlägt Regisseur und Co-Autor Guillermo del Toro  (48, „Hellboy“; „Pans Labyrinth“) seinen Bogen zu den Godzilla-Filmen der 60er und 70er Jahre, mit denen auch er aufgewachsen ist und die er liebt. 
„Pacific Rim“ ist seine   Huldigung an das  Kaiju-Kino (Kaiju ist japanisch und bedeutet  riesiges Monster) und ganz besonders eine  Verneigung vor dem kürzlich verstorbenen Stop-Motion-Tricktechniker Ray Harryhausen (1920-2013), dem Schöpfer zahlreicher Fabelwesen und Monster.  Mit seinem überbordenden Einfallsreichtum erschafft del Toro eine flirrende Welt am Rande der Apokalypse –  die düsteren Bilder des Malers Goya dienten ihm als Inspiration.  Er  liefert mit seinen beeindruckenden Kampfschauplätzen auf dem Land, im Wasser und im Weltall sowie  dem  comicartigen Look  in kräftigen  fluoreszierenden Farben den bislang unterhaltsamsten Sommerblockbuster dieser Saison ab. Herausgekommen ist ein   unwiderstehliches Monster-gegen-Kampfroboter-Spektakel, zu dem  der hämmernde Soundtrack von „Game of Thrones“-Komponist Ramin Djawadi bestens passt.
Angelehnt an die  naive  Kaiju-Mythologie beginnt die erzählerische Ouvertüre: Durch  eine Spalte auf dem Meeresgrund des Pazifiks, ein Tor zu einer anderen Welt, schicken Aliens  außerirdische Monster, um die Welt zu zerstören. Als Antwort darauf startet die Regierung das „Jaeger“-Programm, das den Einsatz von riesigen Kampf-Robotern vorsieht, die von zwei  mental miteinander verbundenen Piloten gesteuert werden.
Trotz erster gewonnener Schlachten scheint der Krieg für die Menschen indes verloren. Städte liegen in Trümmern, die Bevölkerung ist  verarmt. Die letzte Hoffnung des  Programmleiters Stacker Pentecos (Idris Elba; „Luther“) ruht auf dem traumatisierten „Jaeger“-Piloten Raleigh Becket (Charlie Hunnam aus der TV-Serie „Sons of Anarchy“) und seiner neuen  jungen Partnerin  Mako (Rinko Kikuchi; „Babel“). Sie und ihre „Jaeger“-Kollegen machen sich für die alles entscheidende Schlacht bereit.
Stampften in den alten Godzilla-Filmen noch Menschen in Monsterkostümen durch die liebevoll aufgebauten Settings, sind del Toros Monster und Kampfmaschinen am  Computer generiert. Dabei sind die 3 D-Bilder so  scharf und brillant, wie man es zuletzt nur aus „Avatar“ kennt. James Cameron gebührt deshalb del Toros Dank in den Abspann-Credits.
An die 185 Millionen Dollar standen dem mexikanischen Filmemacher zur Verfügung. Es ist sein erster Blockbuster. Um sich diesem Projekt mit aller Hingabe zu widmen – denn wer  in Hollywood einmal finanziell scheitert – bekommt in der Regel keine zweite Chance, hat er sogar auf die Regie von „Der Hobbit“ verzichtet. Der ist in den Händen von Peter Jackson auch ganz gut aufgehoben.
Del Toro macht nicht den Fehler wie Michael Bay in „Transformers 2 und 3“ oder zuletzt  Zack Snyder in dem  „Superman“-Relaunch „Man of Steel“, gefühlt mehrere Stunden lang Städte wie blöd  zerstören zu lassen. Er schafft  Atempausen. Figuren sind ihm wichtig. In Rückblenden erzählt er die Vorgeschichte  seiner beiden Helden.  Für Humor  sorgen das schräge Wissenschaftler-Duo Dr. Geiszler (Charlie Day) und Dr. Gottlieb (Burn Gormann)  und Gangsterboss Hannibal Chau (Ron Perlmann; „Hellboy“; „Sons of Anarchy“), der den Schwarzmarkt beherrscht, auf dem er das als Aphrodisiakum geltende Kaiju-Fleisch für viel Geld verkaufen lässt. 
Wenn es jetzt auch noch in der Kinokasse klingelt, kann del Toro  die Produzenten wohl endlich davon überzeugen, sein  verschobenes Traumprojekt zu finanzieren: „Die Berge des Wahnsinns“ nach der Horrorgeschichte  von H. P. Lovecraft (1890-1937).  Wovon diese handelt? Von Monstern aus dem All.   Was denn sonst?  

René Erdbrügger

Sehenswert

Erstveröffentlichung: Pinneberger Tageblatt/Flensburger Tageblatt/sh:z


   


Kurz belichtet: Filme der vergangenen Wochen






"The Company You Keep" (Drama, sehenswert)



"Die Unfassbaren" (Action)

Action-Spektakel um eine Zauberer-Truppe, die während der Vorstellungen Banken ausraubt.
Doch wie machen die das nur? Regisseur Louis Leterrier inszeniert diese hanebüchene Story
wie eine Las-Vegas-Show - viel Getöse, wenig Substanz.
*** Annehmbar



"The Best Offer" (Drama)

Als sei es ein Suspense-Thriller von Alfred Hitchcock: Ein miesepetriger Kunstexperte (Geoffrey Rush) verfällt einer geheimnisvollen Schönen (Sylvia Hoeks), die Agoraphobikerin ist und deshalb abgeschottet in einer Villa voller Kunstschätze lebt. Regisseur Guiseppe Tornatore ("Cinema Paradiso") zieht in "The Best Offer" alle Register seines Könnens  und wartet am Ende mit einer Pointe auf, die es in sich hat. ***** Herausragend
Wer ist die geheimnisvolle Schöne (Sylvia Hoeks), in die sich der Kunstexperte Virgil (Geoffrey Rush) verliebt hat?
Foto: Warner Bros. 




"Man  of Steel" (Action)

Abgestürzt: Das Superman-Relaunch "Man of Steel" von Zack Snyder enttäuscht. Erst ein bisschen Psychogramm, dann plumpes lautes Action-Spektakel. Die zweite Hälfte besteht nur aus Kampfszenen, die zudem schlecht am Computer bearbeitet wurden und der Physik widersprechen. Und die Chemie zwischen Clark Kent (Henry Cavill) und Lois Lane (Amy Adams)?  Schwamm drüber. Dazu Logiklöcher vom Feinsten - beim 20. aufgehört zu zählen. Mach' mal einen Abflug, kleines Supermännchen!
Ärgerlich



"Star Trek into Darkness" (SF)

Erst ein tolles Relaunch, jetzt eine misslungene Fortsetzung. Also alles wieder beim Alten. J.J. Abrams reanimiert den Schurken Khan, der auf Biegen und Brechen als Terrorist für Schrecken in der Zukunft sorgt. Liebe Filmemacher und Drehbuchautoren: bitte, bitte keine 9/11-Anspielungen mehr.

***Annehmbar, weil der Film mit einem grandiosen Prolog beginnt streckenweise und gut unterhält.



"The Place beyond the Pines" (Drama)

Gute Filme sind wie gute Bücher. Gleich das Eröffnungskapitel muss den Zuschauer packen und in die Geschichte hineinziehen. Im Gegensatz zur Literatur, die mit Worten und  den ersten magischen Sätzen den Leser fängt, sind es beim Film oft die ersten Bilder, die darüber entscheiden, ob wir uns  hemmungslos dem Regisseur hingeben und ihm in sein erzählerisches Labyrinth folgen wollen. Ohne Worte kommt  Derek Cianfrance in den ersten Minuten seines Krima-Dramas „The Place Beyond the Pines“ aus: Ein Zimmer, ein nackter, tätowierter Oberkörper, das Klicken des Klappmessers. Die Hände greifen nach einer roten Lederjacke, dann folgt die Kamera Luke (Ryan Gosling), wie er auf einem Jahrmarkt an Buden vorbeigeht und in ein Zelt hinein, sich einen Helm aufsetzt, auf ein Motorrad steigt und in einem Todes-Käfig - wohl als eine der Attraktionen der Kirmes - mit zwei weiteren Kerlen auf Motorrädern seine lebensgefährlichen Runden dreht.
Später wird der tollkühne Luke  Banken ausrauben - für seine Freundin, die er längst verloren hat, und ihr gemeinsames Kind. Doch der Cop Avery (Bradley Cooper) ist ihm längst auf der Spur.
Drei Geschichten, die miteinander zusammenhängen, erzählt Regisseur  Cianfrance ("Blue Valentine") in The Place beyond the Pines" - ein erzählerisches Triptychon, in dem es um Schuld und Sühne und die Sünden der Väter geht, die noch Auswirkungen auf das Leben ihrer Söhne haben.  Ein Meisterwerk des US-Independent-Kinos. ***** Herausragend    



"The Call" (Thriller, sehenswert)



"Promised Land" (Drama, sehenswert)



"Gambit - Der Masterplan" (Drama/Komödie)

Kein Vertrauen: Warum haben die Coen-Brüder wohl ihr Drehbuch zu "Gambit", einer Krimi-Komödie, die in der Kunstwelt spielt,  nicht selbst verfilmt und an Michael Hoffmann abgegeben? Eben! *Uninteressant


"Spring Breakers" (Drama)

Spring Break - das sind die Frühlingsferien für amerikanische Studenten und der Auftakt zu einer Party nonstop. Vier junge Frauen  feiern in Florida durch und geraten unter die Fittiche des durchgeknallten Dealers Alien (James Franco). Ein bunter filmischer Acid-Trip mit einem hypnotischen Soundtrack. ***** Herausragend


Texte: René Erdbrügger