Sonntag, 23. Dezember 2012

Alien – wie alles begann


„Prometheus – Dunkle Zeichen“: Regisseur Ridley Scott bringt Licht in das mysteriöse Alien-Universum      / Visuell berauschender Science-Fiction-Horror-Streifen 

Eine schwarze, phallusartige Kreatur jagt eine junge Astronautin (Sigourney Weaver) durch die engen, finsteren  Korridore eines Raumschiffs. In nur einem Satz lässt sich der Inhalt von „Alien“ (1979) zusammenfassen.  Die Kombination von Science-Fiction und Horror, das subtile Spiel aus Schatten und Stille  –   das war damals allerdings neu. Selten war die archaische, kollektive Angst des Publikums vor dem, was da in der  Dunkelheit lauern könnte,  so intensiv im Kino zu spüren.  Ridley Scotts „Alien“ gilt zu Recht als Meilenstein, auch wegen des ungewöhnlichen Designs des Schweizer Künstlers H. R. Giger.  Drei Fortsetzungen von anderen Regisseuren folgten. Doch woher diese furchteinflößenden Außerirdischen kommen, in deren Adern Säure statt Blut fließt, beantworteten auch sie nicht. 
Nun bringt Ridley Scott mit „Prometheus – Dunkle Zeichen“   Licht in das mysteriöse Alien-Universum. Er lässt uns bei der Genese eines der aggressivsten  Monster der Filmgeschichte zuschauen und lüftet das Geheimnis des mysteriösen Space Jockeys aus dem ersten Teil.
In wenigen Einstellungen, denn die Erklärung des heute 74-jährigen britischen Regisseurs, der mit „Blade Runner“ 1982 ein zweites Meisterwerk hinlegte,  es handele sich um kein Prequel,  sondern die Story basiere auf „Alien-DNA,  ist keine Koketterie. Obwohl die Drehbuchautoren  Jon Spaihts und Damon Lindelof („Lost“)    Motive aus dem „Alien“-Klassiker mit aufnehmen, die sich zum Ende hin immer mehr verdichten, geht es zunächst um die Frage nach dem Ursprung des menschlichen Lebens.
Wie das entstanden sein könnte, verrät der auch visuell stilsichere  3 D-Film  schon in den ersten Minuten: Da gleitet die Kamera über eine beeindruckende Felslandschaft und einen reißenden Fluss  hinweg. Auf einem Vorsprung steht ein blau-milchiges Wesen. Der Außerirdische greift ein Gefäß und trinkt daraus. Sein Körper zerfällt, und Teile  fallen  in das Wasser, wo nur noch seine DNA-Stränge überleben.
Die  Science-Fiction lebt von solchen Gedankenspielen:  Wie die Konsequenzen aussehen könnten, wenn der Mensch seinem nicht göttlichen Schöpfer gegenübertritt, auch davon erzählt Scotts philosophischer Weltraum-Thriller – mit warnendem Zeigefinger. Nicht ohne Grund spielt der Film-Titel auf den Titan Prometheus aus der griechischen Mythologie an, der das Feuer vom Himmel stahl und es den Menschen brachte. Doch Göttervater Zeus bestrafte Prometheus  und die Menschheit.
Nach dem Prolog springt die Story in die nahe Zukunft. Die Wissenschaftler Elizabeth Shaw (Noomi Rapace; „Verblendung“) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green; „24“) haben in Höhlen Hinweise darauf gefunden, wo sie die Schöpfer der Menschheit finden können. Die Antwort auf all ihre Fragen erhoffen sie sich auf dem Planeten LV-223 zu finden. Dorthin bringt sie das  Raumschiff Prometheus. Gesponsert hat die Expedition der Wirtschaftsmagnat Peter Weyland (Guy Pearce), der an Bord von der eiskalten Geschäftsfrau Meredith Vickers (Charlize Theron; „Young Adult“)  vertreten wird. Beide verfolgen andere Interessen als die beiden Forscher.
Die Rolle des undurchsichtigen Shakespeare’schen Schurken in der Mannschaft kommt dem  Androiden  David (Michael Fassbender; „X-Men“) zu, der in der einen Minute mitfühlend sein kann  und in der nächsten Sekunde heimtückisch ein Glas Champagner mit einer außerirdischen Substanz kontaminiert, um zu sehen, was sie im Körper eines Menschen anrichtet.
Die Büchse der Pandora ist zu diesem Zeitpunkt schon längst geöffnet: Auf dem Planeten entdeckt die Crew eine Art Pyramide mit einem weit reichenden Höhlensystem, in dem kosmische Gefahren lauern. Dort in den engen Gängen  beschwört  Scott erneut die klaustrophobische Atmosphäre des Originals herauf, und selbst für die berühmte „Chestburster“-Szene, eine Ikone der Filmgeschichte, gibt es ein Äquivalent.  Doch nie beschleicht einen das Gefühl, einen Abklatsch oder billige Versatzstücke  zu sehen.
Episches Erzählen,  ein Plot mit philosophischer Tiefe und  eine betörende Bildästhetik – wie Christopher Nolans „The Dark Knight Rises“ verbindet auch die düstere Space-Opera „Prometheus“ das ambitionierte  Arthouse-Kino mit Elementen des Popcorn-Blockbusters. Mehr davon.

René Erdbrügger  

Bewertung: Herausragend





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