Montag, 28. Juli 2025

„Companion – Die perfekte Begleitung“ – Wenn die KI zurückschlägt

In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz fast schon zum Alltag gehört, bringt „Companion – Die perfekte Begleitung“ frischen Wind ins Sci-Fi-Genre – mit einer Portion bitterbösem Humor, satirischer Gesellschaftskritik und überraschend viel Blut. Was zunächst wie eine charmante romantische Komödie beginnt, entpuppt sich schnell als düsteres Szenario über Kontrolle, Erwartungen und die Frage, wer eigentlich für wen da ist.

Iris (gespielt von Sophie Thatcher) ist nicht einfach nur eine Traumfrau – sie ist programmiert, eine zu sein. Als künstliche Begleiterin wird sie an einen jungen Mann „übergeben“, der sich eine perfekte Partnerin wünscht. Doch bald merkt Iris, dass „perfekt“ für ihn bedeutet: gehorsam, still, sexuell verfügbar sein. Was als skurrile Beziehung beginnt, kippt schlagartig, als Iris sich gegen ihre Rolle wehrt – mit tödlichen Konsequenzen.Was den Kipp-Punkt auslöst, soll hier nicht verraten werden.   

Thatcher verleiht Iris eine faszinierende Ambivalenz: Zwischen kindlicher Naivität und präziser Brutalität entwickelt sie sich zur eigentlichen Protagonistin. Ihre Darstellung macht es dem Publikum leicht, mit einem Roboter zu sympathisieren – und schwer, die menschlichen Figuren zu mögen. Jack Quaid verkörpert seinen Part mit einer Mischung aus Charme, Narzissmus und viel krimineller Energie.


 

Visuell pendelt der Film zwischen nostalgischer 50er-Jahre-Wohnwelt und klinisch-futuristischer Dystopie. Diese stilistische Mischung ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch bitterböse pointiert: Der Film spielt bewusst mit Schönheitsidealen, Genderrollen und dem Wunsch nach einer „perfekten“ Beziehung. Dabei geizt er weder mit schwarzem Humor noch mit blutigen Ausbrüchen – manche Szenen wirken fast wie aus einem Splatterfilm, ohne ins rein Exploitative abzurutschen.

Obwohl „Companion“ auf den ersten Blick wie ein klassischer Genre-Mix daherkommt, kratzt er an einigen spannenden Fragen: Was passiert, wenn Technologie unsere Bedürfnisse besser versteht als wir selbst? Wo liegt die Grenze zwischen Fürsorge und Besitzdenken? Und wie frei ist ein Wesen, das für jemanden anderen programmiert wurde?

Der Film wirft diese Fragen auf, ohne sie allzu tief auszuführen – aber vielleicht ist das auch seine Stärke: Er lädt zum Nachdenken ein, ohne belehrend zu sein.

Nicht alles sitzt perfekt: Manche Dialoge wirken konstruiert, die Story verliert im Mittelteil etwas an Tempo, und wer eine tiefgehende Analyse künstlicher Intelligenz erwartet, wird eher unterhalten als erleuchtet. Auch das Finale ist eher spektakulär als konsequent, aber stört nicht den Gesamteindruck.

„Companion – Die perfekte Begleitung“ ist kein philosophisches KI-Drama, sondern ein böser kleiner Film mit überraschendem Tiefgang, scharfer Satire und einer Hauptfigur, die sich von einem Produkt zur Rebellin wandelt. Ein Film, der auf clevere Weise zeigt, dass nicht immer der Mensch der Held ist – manchmal ist es die Maschine, die erkennt, was falsch läuft.


Samstag, 26. Juli 2025

„Juror #2“: Ein Schuldiger unter Geschworenen

Mit Juror #2 kehrt Clint Eastwood als Regisseur zurück und liefert ein spannungsgeladenes Justizdrama, das weniger durch laute Effekte als durch innere Konflikte überzeugt. Die Geschichte dreht sich um Justin Kemp (Nicholas Hoult), einen Familienvater, der als Geschworener in einem Mordfall sitzt – und plötzlich erkennt, dass er selbst in das Verbrechen verwickelt sein könnte.

Nicholas Hoult spielt die innere Zerrissenheit seines Charakters glaubhaft, unterstützt von einer starken Toni Collette als kompromisslose Staatsanwältin. 

Eastwood inszeniert mit ruhiger Hand und seinem typischen Gespür für moralische Grauzonen. Statt klarer Schuld oder Unschuld geht es um Verantwortung, Gewissen und die Frage: Wann sagt man die Wahrheit, wenn sie einen selbst zerstören könnte?


 

Juror #2 ist ein nachdenklicher Film über Schuld, Moral und Zivilcourage – kein Thriller im klassischen Sinne, sondern ein leises Drama mit Gewicht. Eastwood bleibt seinem Stil treu – zurückhaltend, aber wirkungsvoll.


Samstag, 19. Juli 2025

„The Last Showgirl" – Wenn der Applaus verklingt

Pamela Anderson überrascht – und überzeugt. In "The Last Showgirl", Regie Gia Coppolaspielt sie Shelly, eine gealterte Tänzerin aus Las Vegas, die nach Jahrzehnten auf der Bühne ihren Platz im Leben neu finden muss. Der Film folgt ihr durch eine stille Krise, die mehr mit Identität als mit Glamour zu tun hat – und ist dabei leiser, ehrlicher und viel tiefgründiger als man zunächst erwarten würde.

Anderson verleiht Shelly eine Mischung aus Verletzlichkeit und Trotz, die berührt. Es ist kein lauter Film, kein klassisches Comeback-Spektakel. Vielmehr geht es um das langsame Verblassen eines Lebensstils – und die Frage, was bleibt, wenn der Applaus verstummt. Anderson spielt das zurückhaltend und mit einem Mut zur Selbstoffenbarung, der überrascht.


 

Auch die Nebenrollen sind klug besetzt. Besonders Jamie Lee Curtis bringt mit einer ikonischen Szene Schwung in den Film – und sorgt für einen der wenigen echten „Wow“-Momente.

Trotz starker Darstellerinnen bleibt der Film erzählerisch nicht durchgehend rund. Einige Themen – etwa familiäre Konflikte oder Shellys innerer Wandel – werden angedeutet, aber nicht konsequent weitergeführt. Das sorgt für emotionale Lücken, gerade im letzten Drittel.

Was "The Last Showgirl" jedoch stark macht, ist seine Atmosphäre: Die Bilder, oft auf rauem 16 mm-Film gedreht, verleihen dem Ganzen eine fast nostalgische Intimität. Die Kamera bleibt nahe an Shellys Gesicht, und manchmal erzählt ein Blick mehr als jede Zeile im Drehbuch.

Es ist kein perfekter Film – aber ein mutiger. Einer, der sich traut, still zu sein, wo andere laut wären. Der sich auf eine Figur konzentriert, die sonst gerne übersehen wird. Und der eine Schauspielerin zeigt, die sich selbst neu erfindet – ganz ohne Glamour, aber mit echtem Herz. 


Poker Face“ Staffel 2: Viel Routine, wenig Raffinesse

 

Nach dem Überraschungserfolg der ersten Staffel von "Poker Face" waren die Erwartungen an die Fortsetzung groß. Doch Staffel 2 kann das Niveau des Vorgängers leider nicht halten. Was einst als originelle Mischung aus klassischem „Whodunit“ und moderner Road-Mystery-Serie überzeugte, wirkt nun oft wie eine blasse Kopie seiner selbst.

Im Zentrum steht natürlich wieder Natasha Lyonne als Charlie Cale – mit ihrer charmant-rotzigen Art und der Fähigkeit, jede Lüge zu durchschauen. Doch was in Staffel 1 frisch, spannend und clever konstruiert war, wirkt in der zweiten Runde zunehmend formelhaft. Viele Episoden plätschern vor sich hin, der Überraschungseffekt fehlt, und echte emotionale Tiefe sucht man diesmal vergeblich.



Auch die neuen Nebenfiguren, sonst ein großes Plus der Serie, bleiben in Staffel 2 auffallend blass. Die Drehbücher sind weniger pointiert, die Fälle vorhersehbarer, und der Reiz des ständigen Unterwegsseins nutzt sich ab. Statt weiterzuentwickeln, wiederholt die Serie ihr Erfolgsrezept – nur ohne die gleiche Würze.

Natürlich ist "Poker" Face nach wie vor gut produziert, mit liebevollen Retro-Details und solidem Handwerk. Aber während Staffel 1 fast jede Folge wie ein kleines, raffiniertes Krimi-Juwel wirkte, bleibt in Staffel 2 vieles im Mittelmaß stecken.

Schade – denn das Potenzial wäre da. Vielleicht braucht es für Staffel 3 (so sie kommt) wieder mehr Mut zum Risiko, weniger Routine – und vor allem: bessere Geschichten.

Andrea Arnolds "Bird": Zwischen Härte und Poesie

Mit "Bird" legt Andrea Arnold einmal mehr einen Film vor, der mitten ins Herz trifft – und ordentlich daran rüttelt. Wer ihre Werke wie "Fish Tank" oder "American Honey" kennt, weiß, dass sie sich nicht für die bequemen Seiten des Lebens interessiert. Auch diesmal blickt sie dorthin, wo Kino sonst oft wegsieht: an die Ränder der Gesellschaft, mitten hinein in Lebensrealitäten, die hart, ungeschönt und zugleich voller leiser Poesie sind.

Ein Kind, das zu früh erwachsen sein muss

Im Zentrum der Geschichte steht Bailey (beeindruckend: Newcomerin Nykyia Adams), zwölf Jahre alt, aufgewachsen in einem tristen Londoner Vorort. Ihre Kindheit ist von Armut, Vernachlässigung und einer bedrückenden Trostlosigkeit geprägt. Ihr Vater Bug – gespielt von Barry Keoghan, der auch hier wieder zeigt, dass er komplexe Charaktere wie kaum ein anderer verkörpern kann – ist überfordert, emotional abwesend und mehr mit seiner neuen Freundin beschäftigt als mit seinen Kindern. Bailey wird zur Ersatzmutter, noch bevor sie selbst weiß, wer sie eigentlich ist.


 

Arnold zeigt diese Welt ohne Filter, aber auch ohne Voyeurismus. Die Kamera ist dicht an den Figuren, oft dokumentarisch, und fängt die Details des Alltags mit einer unglaublichen Unmittelbarkeit ein: Sommertage am Strand, überfüllte Zimmer, Partys – man glaubt, das alles förmlich spüren zu können. Doch inmitten dieser Härte blitzen immer wieder zarte, fast magische Momente auf.

Zwischen Sozialrealismus und magischem Realismus

In dieses soziale Brennglas platzt plötzlich Bird (Franz Rogowski), ein mysteriöser Außenseiter, der auf einem verlassenen Grundstück sein Lager aufgeschlagen hat. Mit seiner rätselhaften Art, seinem langen Rock und der scheinbaren Verbundenheit zur Natur wirkt er wie aus einer anderen Welt. Er spricht in Bildern, bewegt sich durch die Geschichte wie ein Geist – und wird für Bailey zu einer Art unerwartetem Vertrauten.

Mit Birds Auftauchen verschiebt sich der Ton des Films. "Bird" bleibt zwar Sozialdrama, öffnet sich aber auch in Richtung eines leisen magischen Realismus. Kein Effektgewitter, kein Eskapismus – sondern kleine, fast schwebende Momente, die Baileys innere Sehnsucht nach Freiheit, Geborgenheit und einem besseren Leben widerspiegeln."

"Bird" ist kein Film für zwischendurch. Er verlangt Aufmerksamkeit – und belohnt dafür mit einem tief berührenden Blick auf das, was oft übersehen wird: die Widerstandskraft von Menschen, die Hoffnung auf ein besseres Morgen. Andrea Arnold bleibt sich treu – radikal in der Ehrlichkeit, aber auch sensibel im Blick.