Mittwoch, 21. Mai 2014

„X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ - Kampf ums nackte Überleben

RasantesTempo und einfallsreiche  Effekte:  Die Comic-Action-Reihe  „X-Men“ geht in ihre siebte Runde

Die Zukunft sieht düster aus: Kampfroboter, sogenannte Sentinels, jagen die letzten übrig gebliebenen X-Men, um sie in ein Internierungslager zu stecken.  Der Tod ist ihnen gewiss. Auch im siebten Teil der Marvel-Reihe gibt es Anspielungen auf den Holocaust.  Als 08/15-Comic-Adaption für den schnellen, flüchtigen Gebrauch hat Regisseur Bryan Singer seine drei Beiträge zu der Mutanten-Serie nie verstanden. Er wirbt für mehr Menschlichkeit und Toleranz  gegenüber anderen Lebensformen. Andererseits stellt  er die Geächteten der Gesellschaft, die Mutanten, vor das moralische Dilemma, den richtigen, sprich ethisch integren Weg für sich und die Menschheit zu  wählen.

Bryan Singer liefert sein
„Opus magnum“ ab

Mit „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ liefert der 48-jährige Filmemacher, der sich derzeit  sexuellen Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt sieht, sein „Opus magnum“ –  sein bedeutendstes Werk  –  ab.  Die siebte Comic-Adaption  der „X-Men“-Reihe zeigt, dass heutige Blockbuster nicht nur aus einer Aneinanderreihung von krachenden Action-Szenen bestehen müssen, sondern auch eine Geschichte erzählen können, in der es sogar längere, kluge  Dialoge gibt.
Nicht, dass „X-Men“ mit packenden, rasanten Kampfszenen und überraschenden Special-Effects geizen würde.  In  einer der wohl brillantesten und ausgeklügelsten Szene, die in den letzten Monaten auf der großen Leinwand zu sehen war, ändert der superschnelle Quicksilver (Evan Peters) die Flugbahn von Kugeln (und noch so einiges mehr), während sich um ihn herum alles in Zeitlupe bewegt.
Höllisch aufpassen muss man  schon, um dem Plot zu folgen, denn Singer geht in medias res – es gibt keine Einführung in die Geschichte.  Auch bei den zahlreich auftretenden Mutanten, bei denen man  – wie bei den vielen  Charakteren in einem Roman von Dostojewski oder Tolstoi –  leicht die Übersicht verlieren kann.
Gleich auf zwei Zeitebenen spielt die Handlung, denn um dafür zu sorgen, dass  es die Kampfroboter  in der Zukunft erst gar nicht gibt, schicken die zu besten Freunden gewordenen Mutanten Professor X (Patrick Stewart) und Magneto (Ian McKellen)  – mit Hilfe der Mutantenkräfte von Kitty Pryde (Ellen Page) –  Wolverine (Hugh Jackman) in die 70er Jahre zurück. Ein klassisches Motiv der Science Fiction und  eine kleine, feine  Hommage an die  „Terminator“-Reihe. 
Wolverine, der grimmige Mutant, der im Erregungszustand schnell die  Krallen ausfährt, soll einen Anschlag auf den Sentinel-Erfinder Dr. Bolivar Trask (Peter Dinklage spielt in  „Game of Thrones“  die Figur Tyrion Lannister) verhindern. Der Tod des Wissenschaftlers  hätte zur Folge,  dass US-Präsident Nixon (auch optisch kongenial: Mark Camacho) grünes Licht für das Kampfroboter-Programm gibt. Es ist keine leichte Aufgabe für Wolverine, denn Charles Xavier  und Erik Lehnsherr –   die jüngeren  Alter Egos werden hervorragend von James McAvoy und  Michael Fassbender gespielt –  sind in dieser Zeitepoche noch Erzrivalen.
Ästhetisch ist der Film  eine reine Augenweide: Die 3D-Bilder sind lupenrein. Während die Zukunft in kühler Optik gezeigt wird, herrschen in den 70er Jahren warme Brauntöne vor. Lavalampen, Pelzmäntel  und  Super-8-Kameras, deren Aufnahmen clever als Footage-Material in den Film eingespielt werden, sorgen wie die für die Ära typischen Songs für stimmiges Zeitkolorit. Und  die hinreißende  Jennifer Lawrence („Tribute von Panem“) als  blaue Gestaltwandlerin Mystique  stiehlt  Storm (Halle Berry) und Rogue (Anna Paquin), die  nur Nebenrollen spielen, glatt die Show.

Doch reden wir nicht mehr lange um den heißen Brei herum: „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ ist  –  mal abgesehen von  der außer Konkurrenz stehenden  „Batman“-Trilogie von Christopher Nolan –  eine der besten Comicverfilmungen aller Zeiten.

Autor: René Erdbrügger

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