Mittwoch, 14. Mai 2014

Godzilla legt die Welt in Schutt und Asche

Irgendwo in Japan:  Durch ein gewaltiges Erdbeben kommt es in einem Atomkraftwerk zu einer Katastrophe. Der amerikanische Wissenschaftler Joe Brody (Bryan Cranston aus „Breaking Bad“) muss  mit ansehen, wie seine Frau (Juliette Binoche) und deren Mitarbeiter durch radioaktiven Dampf kontaminiert werden, ohne ihr helfen zu können.  Nur wenig später brechen die Reaktoren auseinander.
Mit diesen Bildern,  die an die Kernschmelze in  Fukushima erinnern, beginnt „Godzilla“, der wohl am sehnsüchtigsten erwartete Blockbuster dieser Kinosaison. Die grüne Riesenechse mit dem markerschütternden Schrei, die 1954 das Licht der Welt erblickte und damit das Kaiju(Monster)-Film-Genre einläutete,  gehört zur Popkultur wie Superman, King Kong und Mickey Mouse. Seit dem ersten Teil der japanischen Kult-Serie erschienen  29, meist unfreiwillig komisch wirkende Filme mit dem Saurier. Auch  Roland Emmerich versuchte sich daran. Seine  Version von 1998 fand allerdings  wenig Anklang.
Deswegen lag die Messlatte für Gareth Edwards nicht allzu hoch. In einem Video-Kommentar erklärte der Regisseur kurz vor Film-Start seines US-Reboots  der Riesenbestie, dass er den Godzilla-Stoff nicht als oberflächlichen Actionspaß abhandeln, sondern ernst nehmen wolle. Dieses Versprechen halten Edwards und sein  Drehbuchautor  aber nur zu einem kleinen Teil ein, da die Actionszenen den größten Teil der Handlung einnehmen.
Bevor  die  Monster losgelassen werden,   geht es noch einmal an den  Ort des Schreckens.      15 Jahre später  ist die Großstadt rund um das japanische Kraftwerk ein atomar verseuchtes Sperrgebiet. Doch Brody  glaubt nicht mehr daran, dass ein Erdbeben damals schuld an der Katastrophe war. Der gebrochene, aber von seiner Idee besessene  Wissenschaftler überzeugt seinen Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson; „Kick-Ass“), einen Lieutenant der US-Navy, mit ihm in das Gebiet zu fahren. Wieder treten dort seismografische Auffälligkeiten auf, und schon bald erhebt sich ein insektoides Riesenwesen namens Muto, das sich von Radioaktivität ernährt und  auf der Suche nach einem paarungswilligen Artgenossen eine Spur der Verwüstung hinterlässt. Nur Godzilla, der in den Tiefen des Meeres schlummert, kann die  Mutos aufhalten.
Angesichts der darauf folgenden Monster-Keilerei, bei der San Francisco in Schutt und Asche gelegt wird, können sich die erzählerischen Dramen nicht entfalten. Gute Schauspieler fristen ein Statistendasein. Brody fällt den Monstern viel zu früh zum Opfer, Aaron Taylor-Johnson bleibt in seiner Rolle als Held, den die Armee mit einer gefährlichen Mission betraut,     hingegen ebenso blass wie seine Frau Elle (Elizabeth Olsen) und  Sally Hawkins als unscheinbare Assistentin.
Wenig Seele hat dieser Fantasy-Streifen:  In seinem Debüt-Film „Monsters“  erzählte Edwards noch in einer poetischen Bildsprache von einer Alien-Invasion. Nun muss der 38-jährige  Brite die größte Arbeit den 3D-Grafikern und  Programmierern überlassen, die die drei Urviecher Bit für Bit am PC entstehen lassen –  frustrierend.  Zwar gigantisch und virtuell wohl an die 100 Meter groß,  wirkt dieser neue Godzilla aber künstlich.
Indem  Edwards das Monster  stellvertretend für die Naturgewalten zeigt, die über die Menschen  hereinbrechen können, bleibt er aber ganz in der Tradition der Reihe. So korrespondiert die Sequenz, in der Godzilla aus dem Wasser ans Land stampft und dadurch einen Tsunami auslöst,     mit  kollektiven Erinnerungen und  Ängsten.  Wenigstens etwas. ***

Von René Erdbrügger

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