Donnerstag, 7. August 2014

"Planet der Affen - Revolution" - "Ein Affe tötet keinen Affen“

Anspruchsvoller Blockbuster: Die „Planet der Affen“-Fortsetzung ist ein Lehrstück über die Zerbrechlichkeit des Friedens

Wie viel Affe steckt im Menschen, wie viel Mensch im Affen? Das Erbmaterial beider Spezies stimmt in  großen Teilen überein. Schimpansen haben sogar bis zu 99 Prozent der menschlichen Gene. Doch dieser Unterschied von einem Prozent macht eben den Unterschied aus, bestimmt, wer der Herr der Schöpfung ist. Was aber wäre, wenn es zu einer Genmutation käme, die den Affen zu einem Evolutionssprung verhelfen würde?
Von dieser Prämisse geht die vor  46Jahren  gestartete „Planet der Affen“-Reihe aus.  Der  erste Film  aus dem Jahr 1968 mit Charlton Heston basiert auf dem Buch des französischen Schriftstellers Pierre Boulle (1912 -1994). Regisseur Matt Reeves („Cloverfield“) setzt die Serie nun  mit „Revolution“ fort. Der Vorgänger „Prevolution“, der 2011 erfolgreich in den Kinos lief, endet mit dem Aufstand der Affen, angeführt durch den Schimpansen Ceasar.
Die Fortsetzung  spielt zehn Jahre später: Das einst aus einem Forschungslabor freigesetzte Virus hat den größten Teil der Menschheit dahingerafft, die Affen hingegen schlauer gemacht.  Eine Kolonie von Menschen lebt in den Ruinen von San Francisco,  das Volk der Affen in den umliegenden Wäldern.
Wie in einer Natur-DokuDie ersten 20 Minuten sind  allerdings ganz den  „Tieren“ gewidmet: Eine dynamische Sequenz, die wie eine hyperrealistische Natur-Doku der BBC anmutet, gibt Einblicke in das soziale Verhalten und die Hierarchie dieses Affenvolkes nebst Rotwildjagd und der Geburt eines Jungen.
Die Affen kommunizieren  per Zeichensprache und werden von dem hochintelligenten und zur Reflektion fähigen Schimpansen Caesar angeführt. Dieser beherrscht zwar auch rudimentär die menschliche Sprache, aber er ist misstrauisch  gegenüber der Spezies Mensch.
So folgt die  Affenbande seinen moralischen Prinzipien: „Ein Affe tötet keinen Affen“.   Es scheint der Beginn einer neuen zivilisierten Gesellschaft aus  Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos. Reeves und seine drei Drehbuchautoren schaffen damit einen visionären Gegenentwurf –  auch wenn sie ihn nicht konsequent zu Ende denken –  zur  pessimistischen Prolog-Szene aus „2001  – Odyssee im Weltraum“ (1968), in der ein Menschenaffe nach einer Art kosmischem Evolutionsschub einen Artgenossen mit einem Knochen totprügelt –  Regisseur Stanley Kubrick ging konform mit jenen Verhaltensforschern, die  Aggression als Antrieb für die Entwicklung  sehen.
Gespielt wird Caesar abermals von dem britischen Schauspieler Andy Serkis. Dabei bedienen sich nicht nur Serkis, sondern auch die anderen Affen-Darsteller des Performance-Capture-Verfahrens:  Bewegung und Mimik der Schauspieler, die spezielle Körperanzüge tragen, werden dabei im realen Set aufgenommen. Später verwandeln sich die Schauspieler mithilfe grafischer Effekte in Primaten.   Jede Gefühlsregung, von Liebe über Kummer bis Hass, spiegelt sich dann in den Affengesichtern wider.
Dagegen wirken die menschlichen Charaktere blass.  Zur Konfrontation kommt es, als eine Gruppe, angeführt von dem zu Kompromissen bereiten Ehepaar Malcom (Jason Clarke) und Ellie (Keri Russell), auf ihrem Weg zu einem Stausee, der zur Stromgewinnung für San Francisco genutzt werden soll,  das Gebiet der Affen durchqueren muss. Caesar schließt mit den Menschen ein Friedensabkommen, das aber auf beiden Seiten seine Skeptiker hat: Für den Anführer der Kolonie, Dreyfus (Gary Oldmam; „Batman“), sind die Affen schuld am Ausbrechen des Virus.
Offene RechnungHier die guten Affen, dort die bösen Menschen –  dieser vereinfachten Dualität folgt das Drehbuch jedoch nicht. Der einst geschundene Laboraffe Koba (Toby Kebbell) –  seine milchigen Augen und sein Narbengesicht lassen gar Böses erahnen –  hat noch eine Rechnung mit seinen Peinigern offen. Wie viel Mensch in Koba, der rechten Hand von Caesar,  und den von ihm angestachelten Primaten steckt, werden alle Beteiligten bitter zu spüren bekommen. Hier zieht der Plot  den Bogen zum Shakespeare'schen Königsdrama „Julius Cäsar“ über Macht, Loyalität und Verrat, aber auch  zum  ewig schwelenden  Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis. 
Für einen Sommerblockbuster ist „Revolution“, selbstverständlich in 3D aufgenommen,  somit ziemlich ungewöhnlich: Wenige Locations, kaum Actionszenen, dafür aber Dialoge beispielsweise über den Sinn und Unsinn des Krieges im Angesicht einer Bedrohung. „Planet der Affen –  Revolution“ ist ein parabelhaftes Lehrstück, das die Zerbrechlichkeit des Friedens auf eindringliche Weise bewusst macht, und ein echter Anti-Kriegs-Film, wie er in seiner Eindringlichkeit schon lange nicht mehr zu sehen war.
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Von René Erdbrügger



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