Tobias Zafts neue
Lichtinstallation „Dresscode“ soll die Hamburger aufrütteln /
Konzept-Künstler pendelt zwischen Peking und Quickborn
Quickborn/Hamburg In China ist er schon ein
Superstar der Kunstszene. In Europa steht er womöglich vor dem ganz
großen Durchblick: Tobias Zaft. Ab Montag will er in Hamburg mit seiner
neuen Lichtinstallation „Dresscode“ für Furore sorgen.
Dort wird er ein 30 Meter langes Stahlseil in 16 Meter Höhe über die
Mönckebergstraße spannen lassen. Zwischen dem Levantehaus und der
gegenüberliegenden Straßenseite. Daran hängen Wäschestücke aus
Acrylglas, die von innen mit LEDs beleuchtet werden
– ein Spektakel, hinter dem allerdings eine tiefere Bedeutung steckt.
Ab 18.30 Uhr kann es bestaunt werden.
Gestern waren Tobias Zaft und seine charmante
Frau Zijuom Zaft zu Besuch in Quickborn. Beide leben und arbeiten
hauptsächlich in Peking. Jedes Jahr halten die beiden sich mehrere
Wochen in der Eulenstadt auf. Die Familie wohnt hier.
Sein Vater, Edwin Zaft, ist selbst Künstler und führt das Offene
Atelier an der Kieler Straße. Der junge Künstler ist auch in
Quickborn gemeldet, hierhin lässt er auch seine Post schicken. Weilt er
in China, hält er den Kontakt mit der Eulenstadt:
„Über Skype unterhalten wir uns mit Tobias in Peking, Shanghai oder
Tokio häufiger als mit unserem Sohn in Hamburg“, sagt Edwin Zaft.
Die Familie hat den Berufswunsch, als freier
Künstler zu arbeiten, von Anfang an gefördert und unterstützt. „Seine
Begabung war schon als Kind und in der Grundschule sichtbar – selbst ein
Laie konnte das erkennen“, sagt sein Vater stolz.
Tobias Zaft, der fließend Chinesisch und Englisch
spricht, winkt ab. Das müsse ja nicht in die Zeitung. Er ist
hochkonzentriert. Trinkt Tee. Vor ihm auf dem Tisch liegt ein Tablet,
auf dem er mir den digitalen Entwurf von „Dresscode“
zeigt. Der PC – auch er gehört wie Stift, Pinsel und Papier zum
Instrumentarium eines modernen Künstlers.
Tobias Zaft berichtet über seine Vita und sein
Kunstthema: „Der Mensch in seiner Umgebung.“ Nach dem Studium der
Freien Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart,
wo er seine Frau kennen lernte, kommt er über ein
Stipendium nach China, wo er an der Central Academy of Fine Arts
Beijing studiert.
Vor drei Jahren erregte seine Videoinstallation
„Ding, Gang, Chui“ auf den Fassaden der Hochhaus-Türme des
Jinchangan-Towers in Peking weltweit Aufsehen (wir berichteten): Jeden
Tag sind auf dem Gebäude die Umrisse von zwei Händen zu sehen,
die „ Schere, Stein, Papier“, wie es bei uns heißt, gegeneinander
spielen. „In einem chinesischen Spielfilm sieht man sie sogar im
Hintergrund, und auch in einem Werbetrailer über China, der am Times
Square gezeigt wird, ist sie zu sehen“, sagt er.
In Asien hat er sich damit seine ersten Meriten
verdient. Inzwischen kann er auch von seiner Arbeit leben: „Früher
waren die Fürsten die Mäzene der Kunst“, sagt Tobias Zaft, „heute sind
es teilweise die multinationalen Unternehmen“.
Auf acht bis zwölf Projekte kommt Tobias Zaft
jedes Jahr. Jüngste Werke: Sein Objekt „Fragile“, ein getunter
Getränkeautomat, und seine Raum-/Licht-Installation „Flexipolis“, für
die Fritz Langs Film Metropolis“ Pate stand, ein Highlight
auf der Messe „Design Week“ in Peking.
Warum arbeitet er in Asien? „China gibt mir die
zur Arbeit nötige Inspiration als Gegenmodell zum westlichen Weltbild“,
sagt er. In China hat er in den Metropolen die riesigen Flächen, die er
für seine Lichtinstallationen braucht. Die
Chinesen seien unbürokratischer, schneller zu begeistern und durch
persönliche Kontakte besser zu erreichen.
Reinreden lässt er sich indes nicht. „Meine
Arbeiten entstehen intuitiv. Es geht um die Idee dahinter“, sagt er.
Wie bei seinem neuen Lichtkunstwerk. „Ich will damit die Grenze vom
Privaten zum Öffentlichen überschreiten. Öffentliche
Räume werden heute von Politik und Wirtschaft gestaltet. Je weiter die
Entwicklung eines Landes voranschreitet, desto austauschbarer ist es.
Übrig bleibt eine kalte, sterile Atmosphäre“, sagt Tobias Zaft. Bis zum
28. Februar wird er in Hamburg mit „Dresscode“
auf künstlerische Weise dagegen angehen.
René Erdbrügger
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