Dienstag, 22. Januar 2013

"Inception": Im Labyrinth der Träume

"The Dark Knight Rises" war beeindruckend, doch "Inception" bleibt  Christopher Nolans Meisterwerk. Hier meine Kritik aus dem Jahr 2011.

Geburt  eines Filmklassikers:  Christopher Nolan nimmt den Zuschauer  in  „Inception“  mit auf eine fiebrige Reise ins Unterbewusstsein 

Christopher Nolan  nimmt uns in „Inception“  mit auf eine Reise in das Labyrinth der Träume  und darüber hinaus in die komplexen, vielschichtigen und tiefen  Ebenen des Unterbewusstseins.  Visionär brillant, erzählerisch vielschichtig, intellektuell immer herausfordernd, aber auch dem Actionkino verhaftet liefert der „Memento“- und „The Dark Knight“-Regisseur  ein Meisterwerk ab, in dem der  Schulterschluss zwischen Mainstream und Arthouse mühelos gelingt. Genres wie der Film-Noir, Fantasy und SF verschmelzen zu einer cineastischen Melange      –  es ist  die Geburt eines Filmklassikers.
Auch bei der Auswahl der Schauspieler hatte Nolan, den das britische Fachmagazin „Empire“  bereits den „Stanley Kubrick des neuen Millenniums“ nennt,  ein sicheres Händchen: Leonardo DiCaprio, der zur Hochform aufläuft, spielt Dom Cobb.  Er verdient  sein Geld damit, für Unternehmen in die Träume anderer Menschen einzudringen, um ihre Gedanken auszuspionieren.  Bei  dem Industriellen Saito (Ken Watanabe) schlägt das fehl. Um die Sache zu bereinigen, macht  dieser  dem Traumspion einen Vorschlag: Er soll dem Konzern-Erben Fischer (Cillian Murphy) einen Gedanken einpflanzen, der Saito zum Vorteil gereicht. Diese Art der Manipulation nennt sich „Inception“. Als Belohnung will er dafür  sorgen, dass Cobb wieder in die USA einreisen darf, wo er gesucht wird, aber seine Kinder auf ihn warten.
 In  bester „Ocean’s 11“-Manier  stellt  Cobb   die   Gruppe zusammen: Mit dabei sind  seine rechte Hand Arthur (Joseph Gordon-Levitt), Ariadne (Ellen Page), die Architektin der Träume,  Eames (Tom Hardy), der Fälscher, weil er in Träumen die Gestalt wechseln kann, und der Apotheker Yusuf (Dileep Rao), der  die Spione  und ihr Opfer mit einem Betäubungstrank in Morpheus Arme schicken soll.
Nach diesen Präliminarien und einem Crash-Kursus darüber, was Träume sind und wo die Gefahren liegen, wenn man sich in dieser imaginären Welt bewegt, beginnt die Reise ins Unterbewusstsein,  Schicht um Schicht. 
Es ist eine Exkursion mit vielen Unbekannten: In Gefahr gerät die Mission mehrmals durch  Cobbs verstorbene  Frau Mal (Marion Cotillard), die in seinem Unterbewusstsein herumspukt. Nur so viel:  „Malus/mala“ wird im Lateinischen mit  böse übersetzt. Und Fischers mentale Bodyguards, die sich   gegen die Eindringlinge zur Wehr setzen, sind eine weitere unbekannte Variable.
Zum Gelingen des Gesamtkunstwerks tragen  die fiebrigen Bilder von Kameramann Wally Pfister und der hypnotische Score von Hans Zimmer bei.   Man muss den Film  mehrmals sehen, um alle Anspielungen zu verstehen.  Nolan, der zehn Jahre lang am Drehbuch gearbeitet haben soll,  zieht  seine Inspirationen aus vielen Quellen:   Er  verbeugt sich mit seinen Tableaus des Surrealen  vor dem niederländischen Grafiker M.C. Escher, dessen viereckige endlose Treppe auch in „Inception“ zu sehen ist. Die  Werke   von C.G. Jung   zur Traumanalyse  standen  ebenso Paten. Dazu  Anspielungen auf die griechische Mythologie. Nicht ohne Grund heißt  die    Traumarchitektin   Ariadne – genauso wie die  Frau, die Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus hilft.
 Mit traumwandlerischer Sicherheit schnürt Nolan das alles zu etwas völlig Neuem zusammen.  Vielleicht  paradox: Als Zuschauer möchte man  in seinem  oft verstörenden Irrgarten der Illusionen so lange wie möglich bleiben. „Inception“ ein Film für Träumer? Auch das.
René Erdbrügger

Herausragend


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