Freitag, 25. Januar 2013

Teenager auf spannender Alienjagd


J.J. Abrams soll den nächsten "Star Wars" drehen. Sicherlich eine gute Wahl. Hier meine Kritik zu „Super 8“ - Abrams'  liebenswerte Hommage an die frühen Filme von Steven Spielberg


Mit „Super 8“ nimmt uns J.J. Abrams  (45) mit auf eine Reise in das Jahr 1979, als das Kino noch abendfüllende Geschichten über Jugendliche erzählte, Werte vermittelte und Spezial-Effekte  der Handlung und den Figuren untergeordnet waren.  Das Abenteuer um eine Gruppe  von Kids in Ohio, die einen Zombie-Streifen  drehen will und  plötzlich selbst in Gefahr gerät, ist eine stimmige Reminiszenz  an die frühen Filme von Steven Spielberg (64). Aber auch die 80er-Jahre- Klassiker „Goonies“ von Joe Dante und „Stand by me“ von Rob Reiner standen hier Pate.
 Spielberg,  von Abrams’  Idee wohl gebauchpinselt, produzierte die Hommage. Ein guter Entschluss: Ganz sicher ist „Super 8“  der schönste  Film dieses Sommers.  Mit  Herz,  Seele und einem großen Schuss Wehmut.  Ja,  wüsste man es nicht besser und wären die wenigen Effekt-Szenen nicht  so perfekt, was nur mit heutiger CGI-Technik möglich ist, so läge die Vermutung nahe, es mit einem neu entdeckten Movie aus den 80ern  zu tun zu haben – selbst die für den jungen Spielberg typischen Lichtspielereien fehlen hier nicht.
Doch Abrams, der auch das Drehbuch geschrieben hat, ist kein bloßer Epigone, er tut nur so.  Der Strippenzieher hinter den Fernsehserien „Alias“,  „Lost“ und „Fringe“ sowie der Low-Budget-Produktion „Cloverfield“ und Regisseur des „Star Trek“-Prequels hat eine eigene Handschrift, die gut erkennbar ist. So versteht es der Meister der Mystery, Spannung über einen längeren Zeitpunkt aufzubauen, ohne das Monster  zu zeigen wie in „Cloverfield“.
Selbstverständlich macht  in „Super 8“ eine Kreatur  aus dem All die Gegend unsicher.  Dass unter der Patina  schon mal das  moderne, aufs Tempo drückende Actionkino mit all seinen Raffinessen aufblitzt, dürfte Puristen vielleicht verstimmen. Gut für Abrams, den bekennenden Spielberg-Fan. Er ist somit  vor dem Vorwurf des reinen Abkupferns sicher.
Nach einer kurzen Einführung  der Hauptfiguren gibt es Rock’n’Roll, sprich: Eine logistisch ausgeklügelte, fast zwei Minuten lange Action-Sequenz. Nachts machen sich Joe  (Joel Courtney), Charles (Riley Griffiths), Carey (Ryan Lee), Preston (Zach Mills), Martin (Gabriel Basso) und Alice (Elle Fanning) heimlich auf den Weg – ihre  Eltern dürfen nichts davon wissen – zu einem stillgelegten Bahnhof, wo sie ein paar Szenen drehen wollen.  Plötzlich nähert sich  ein Güterzug.
Während  Charles, der junge Regisseur, „Action schreit“, fährt ein Pickup auf die Gleise, der Eisenbahn entgegen.  Die Folge ist, dass Lokomotive und Waggons entgleisen. Es gibt eine gewaltige Explosion, die Jugendlichen flüchten in alle Richtungen, Trümmerteile fliegen ihnen um die Ohren. Längst ist die Handkamera  auf den Boden gefallen – aber sie filmt weiter und nimmt auf, wie sich etwas aus einem der lädierten Waggons befreit und entkommt. 
Wie Spielberg in „E.T.“, erzählt  Abrams die nun folgenden Geschehnisse (Das Militär rückt an, Hunde flüchten aus der Stadt, Mikrowellengeräte verschwinden, Einwohner werden vermisst)  aus der Perspektive der Jugendlichen. Die  Sorgen seiner jungen Helden verliert er dabei nicht aus den Augen: Joe, dessen Mutter gestorben ist, hat ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater (Kyle Chandler), einem Polizisten. Alice` Daddy Louis (Ron Eldard), auf den ersten Blick ein Versager,  will nicht, dass sie mit Joe rumhängt, und der pummelige Charles, heimlich in Alice verliebt, ist eifersüchtig auf Joe – der ganz normale Adoleszenz-Wahnsinn.  Die cineastische Zeitreise führt uns aber nicht nur die Schwierigkeiten des  Erwachsenwerdens  vor Augen, sondern ganz nebenbei auch den Reiz des    Filmemachens und die Möglichkeiten, Schmerz und Kummer durch die  Kunst zu kompensieren.
Rührend sind die Momente, in denen das Team mit  großer Leidenschaft dreht und  die Welt um sich herum vergisst–   wie einst Spielberg, der als Teenager selbst zur Schmalfilmkamera griff, von einer Karriere in Hollywood träumte  und später  unsere  Sehgewohnheiten veränderte sollte. Deshalb ist  „Super 8“  ein Geschenk für alle, die mit seinen Filmen in den späten 70er und den 80er Jahren aufgewachsen sind,  und für die heutigen Twens, die  vielleicht endlich die Begeisterung ihrer Eltern für  „Der weiße Hai“, „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ und „E.T.“  (ein klein wenig) nachvollziehen können.   

René Erdbrügger

Herausragend


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