J.J. Abrams soll den nächsten "Star Wars" drehen. Sicherlich eine gute Wahl. Hier meine Kritik zu „Super 8“ - Abrams' liebenswerte Hommage an die frühen Filme von Steven Spielberg
Mit „Super 8“ nimmt uns J.J. Abrams (45)
mit auf eine Reise in das Jahr 1979, als das Kino noch abendfüllende
Geschichten über Jugendliche erzählte, Werte vermittelte und
Spezial-Effekte der Handlung und den Figuren untergeordnet waren. Das
Abenteuer um eine Gruppe von Kids in Ohio, die einen
Zombie-Streifen drehen will und plötzlich selbst in Gefahr gerät, ist
eine stimmige Reminiszenz an die frühen Filme von Steven Spielberg
(64). Aber auch die 80er-Jahre- Klassiker „Goonies“ von Joe Dante und
„Stand by me“ von Rob Reiner standen hier Pate.
Spielberg, von Abrams’ Idee wohl gebauchpinselt,
produzierte die Hommage. Ein guter Entschluss: Ganz sicher ist „Super
8“ der schönste Film dieses Sommers. Mit Herz, Seele und einem
großen Schuss Wehmut. Ja, wüsste man es nicht
besser und wären die wenigen Effekt-Szenen nicht so perfekt, was nur
mit heutiger CGI-Technik möglich ist, so läge die Vermutung nahe, es mit
einem neu entdeckten Movie aus den 80ern zu tun zu haben – selbst die
für den jungen Spielberg typischen Lichtspielereien
fehlen hier nicht.
Doch Abrams, der auch das Drehbuch geschrieben hat,
ist kein bloßer Epigone, er tut nur so. Der Strippenzieher hinter den
Fernsehserien „Alias“, „Lost“ und „Fringe“ sowie der
Low-Budget-Produktion „Cloverfield“ und Regisseur des „Star
Trek“-Prequels hat eine eigene Handschrift, die gut erkennbar ist. So
versteht es der Meister der Mystery, Spannung über einen längeren
Zeitpunkt aufzubauen, ohne das Monster zu zeigen wie in „Cloverfield“.
Selbstverständlich macht in „Super 8“ eine
Kreatur aus dem All die Gegend unsicher. Dass unter der Patina schon
mal das moderne, aufs Tempo drückende Actionkino mit all seinen
Raffinessen aufblitzt, dürfte Puristen vielleicht verstimmen.
Gut für Abrams, den bekennenden Spielberg-Fan. Er ist somit vor dem
Vorwurf des reinen Abkupferns sicher.
Nach einer kurzen Einführung der Hauptfiguren gibt
es Rock’n’Roll, sprich: Eine logistisch ausgeklügelte, fast zwei
Minuten lange Action-Sequenz. Nachts machen sich Joe (Joel Courtney),
Charles (Riley Griffiths), Carey (Ryan Lee), Preston
(Zach Mills), Martin (Gabriel Basso) und Alice (Elle Fanning) heimlich
auf den Weg – ihre Eltern dürfen nichts davon wissen – zu einem
stillgelegten Bahnhof, wo sie ein paar Szenen drehen wollen. Plötzlich
nähert sich ein Güterzug.
Während Charles, der junge Regisseur, „Action
schreit“, fährt ein Pickup auf die Gleise, der Eisenbahn entgegen. Die
Folge ist, dass Lokomotive und Waggons entgleisen. Es gibt eine
gewaltige Explosion, die Jugendlichen flüchten in alle
Richtungen, Trümmerteile fliegen ihnen um die Ohren. Längst ist die
Handkamera auf den Boden gefallen – aber sie filmt weiter und nimmt
auf, wie sich etwas aus einem der lädierten Waggons befreit und
entkommt.
Wie Spielberg in „E.T.“, erzählt Abrams die nun
folgenden Geschehnisse (Das Militär rückt an, Hunde flüchten aus der
Stadt, Mikrowellengeräte verschwinden, Einwohner werden vermisst) aus
der Perspektive der Jugendlichen. Die Sorgen seiner
jungen Helden verliert er dabei nicht aus den Augen: Joe, dessen Mutter
gestorben ist, hat ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater (Kyle
Chandler), einem Polizisten. Alice` Daddy Louis (Ron Eldard), auf den
ersten Blick ein Versager, will nicht, dass sie
mit Joe rumhängt, und der pummelige Charles, heimlich in Alice
verliebt, ist eifersüchtig auf Joe – der ganz normale
Adoleszenz-Wahnsinn. Die cineastische Zeitreise führt uns aber nicht
nur die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens vor Augen, sondern ganz
nebenbei auch den Reiz des Filmemachens und die Möglichkeiten,
Schmerz und Kummer durch die Kunst zu kompensieren.
Rührend sind die Momente, in denen das Team mit
großer Leidenschaft dreht und die Welt um sich herum vergisst– wie
einst Spielberg, der als Teenager selbst zur Schmalfilmkamera griff, von
einer Karriere in Hollywood träumte und später
unsere Sehgewohnheiten veränderte sollte. Deshalb ist „Super 8“ ein
Geschenk für alle, die mit seinen Filmen in den späten 70er und den 80er
Jahren aufgewachsen sind, und für die heutigen Twens, die vielleicht
endlich die Begeisterung ihrer Eltern für
„Der weiße Hai“, „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ und „E.T.“
(ein klein wenig) nachvollziehen können.
René Erdbrügger
Herausragend
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen