Samstag, 23. November 2024

"Tár": Die dunkle Seite des Genies

Besser kann man eine Figur wohl nicht einführen: Der Film beginnt mit einer langen, intensiven Nahaufnahme von Cate Blanchett als Lydia Tár. Ihr Gesicht ist in tiefes Licht getaucht, während sie in einem Interview zu sehen ist. Sie hält einen langen Monolog, in dem sie über ihre Karriere, ihre Kunst und ihre Sicht auf die Welt spricht. Tár präsentiert sich als eine charismatische und intellektuelle Frau, die jedoch auch eine gewisse Arroganz und Selbstgefälligkeit an den Tag legt.

Die Szene ist visuell beeindruckend gestaltet. Die Kamera bewegt sich langsam und bedächtig, um die Atmosphäre von Konzentration und Kontrolle zu unterstreichen. Die Farbpalette ist kühl und distanziert, was zur emotionalen Kälte der Figur beiträgt. Die Eröffnungsszene ist ein Meisterwerk der Inszenierung und legt den Grundstein für den gesamten Film.

"Tar", so der Filmtitel, von Regisseur Todd Field begleitet Lydia Tár in ihrem Alltag, der von Proben, Auftritten und der Vorbereitung ihrer nächsten großen Aufnahme geprägt ist. Als erste Chefdirigentin eines Berliner Orchesters bereitet sie gerade die  Live-Aufnahme von Mahlers 5. Sinfonie vor. Sie gilt als Genie und wird von ihren Kollegen verehrt, doch ihre Machtposition und ihr Perfektionismus führen zu Spannungen.

Ihr scheinbar perfektes Leben beginnt zu bröckeln, als immer mehr dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht kommen. Als angesehene Dirigentin nutzt Tár ihre Position, um junge Musikerinnen zu fördern. Diese Abhängigkeit macht sie jedoch auch anfällig für ihre Avancen. Der Film deutet an, dass sie möglicherweise mehrere Affären mit ihren Schülerinnen hatte, obwohl sie in einer Beziehung ist. Mit ihrer Ehefrau, der Geigerin Sharon (Nina Hoss), die zudem Konzertmeisterin des Orchesters ist, hat sie eine kleine Tochter.

"Tar" steht im Kontext der #MeToo-Bewegung, die Machtmissbrauch in verschiedenen Bereichen, insbesondere in der Unterhaltungsindustrie, aufgedeckt hat. Lydia Tár ist ein weiblicher Harvey Weinstein. Beide zeigen ein Muster von Verhaltensweisen, das darauf abzielt, ihre Opfer zu isolieren und sie dazu zu bringen, ihre Handlungen zu rechtfertigen.Während der ehemalige Filmmogul Harvey Weinstein für seine Taten verurteilt wurde, bleibt Társ Schicksal offener - doch Misstrauen und Eifersucht führen letztendlich auch zu ihrem Fall.


 

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