Hollywood in den 1920er Jahren: Es beginnt mit einem riesigen Elefanten, der auf den Straßen von Los Angeles transportiert wird. Immer höher hinaus auf einen Hügel, wo das Anwesen eines Filmmoguls steht. Das Tier ist als exotische Einlage für eine orgiastische Hollywoodparty gedacht. Doch der verunsicherten Elefant kann nur noch eins: Er entleert seinen Darm.
In der Eröffnungssequenz wird die Richtung angegeben: Der Elefant ist ein Symbol für die extravagante Natur der Filmindustrie in dieser Zeit – ein Zeichen des Überflusses, der Verschwendung, der Dekadenz und der verrückten Ambitionen, die mit der Entstehung von Hollywood einhergingen. Die Traumfabrik nimmt ihre Arbeit auf.
Damien Chazelles "Babylon" ist ein überwältigendes und opulentes Werk, das die Anfänge von Hollywood und das Leben der Menschen hinter den Kulissen der Filmindustrie zu einem epischen Spektakel verdichtet. Mit einer Laufzeit von fast drei Stunden und einer Vielzahl von Charakteren und Erzählsträngen gelingt es Chazelle, die exzessive, wilde Zeit des Umbruchs von Stumm- zu Tonfilmen in den 1920er Jahren darzustellen – aber nicht ohne die dunklen Seiten dieser Entwicklung zu zeigen.
Der Film ist eine Mischung aus Satire, Tragödie und Historie Hierfür greift Chazelle auf eine Reihe exzentrischer, bunter Charaktere zurück: Der aufstrebende Schauspieler Jack Conrad (Brad Pitt),deren Aufstieg und Fall die Höhen und Tiefen des Showbusiness symbolisieren, die ehrgeizige Schauspielerin Nellie LaRoy (Margot Robbie) und der betont rational denkende Produktionsassistent Manny Torres (Diego Calva) sind nur einige der Protagonisten, die in einer Geschichte aus Ruhm, Zerfall und Selbstzerstörung eingebunden werden.
Von den opulent inszenierten Partys mit Drogen und Kokain, die vor Dekadenz und Wahnsinn strotzen, bis zu den intensiven, bisweilen grotesken Set-Aufnahmen, die die ständige Arbeit im Filmbusiness widerspiegeln – der Film ist in jeder Hinsicht ein visuelles Fest.
Es gibt so viele gute Szenen: In einer fährt die Kamera durch zig Stummfilmsets, an denen nicht alles reibungslos läuft - schon damals produzierte Hollywood Filme wie am Fließband.
In einer anderen Szene wird ein Schauspieler, der die Rolle eines „afrikanischen“ Charakters spielen soll, einem Casting-Director vorgestellt. Der Regisseur ist jedoch nicht zufrieden mit seiner Darstellung, weil er glaubt, dass der Schauspieler „nicht schwarz genug“ aussieht. Er soll sich deswegen schminken - Blackfacing für People of Color. Diese groteske Szene verdeutlicht den extremen Rassismus und die stereotype Denkweise der damaligen Filmindustrie, in der die Darstellung von Afroamerikanern oft auf überzogene Klischees reduziert wurde.
In der Schlussszene sehen wir Manny Torres, der sich am Ende des Films von der Filmindustrie entfernt hat. Er blickt auf das heutige Hollywood und dessen Entwicklung. Diese Szene spielt in einem modernen Kino, das eine Vorstellung des Films Singin' in the Rain (1952) zeigt, einem ikonischen Film über den Übergang von der Stummfilm-Ära zum Tonfilm, was auch thematisch eine Art „Spiegelung“ der Geschichte von Babylon ist.
Die Kamera fährt dann zu einer langen, epischen Montage, in der Szenen aus dem gesamten Hollywood-Kino gezeigt werden – eine Feier der Filme und der Kunstform selbst. Diese Montage ist sowohl eine Hommage an das Kino als auch eine Meditation über den Zyklus von Ruhm und Vergessenheit. Die Bilder zeigen eine Vielzahl ikonischer Filmszenen, die durch die Jahrzehnten hinweg die Filmgeschichte prägten, vom frühen Kino bis zu moderneren Meisterwerken wie "Der Pate", "Casablanca", "Citizen Kane", "Vertigo", "2001: Odyssee im Weltraum", "Pulp Fiction" und, und, und. Das ist so ergreifend. Babylon ist eine großartige künstlerische Auseinandersetzung mit der Mythologie Hollywoods. Ein Meisterwerk.
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