Es ist ein kalter, trüber Sonntag. Genau die richtige Zeit, um ins Kino zu gehen. Auf dem Programm steht: "Der Hobbit - Smaugs Einöde“. Der Pressevorführung in Hamburg bin ich wohlweislich ferngeblieben. 48 Bilder pro Sekunde brauche ich nicht. Diese Hyperrealität, auch als "Soap-Opera-Effekt" bezeichnet, der an selbst gedrehte Videos erinnert, hat mich vor einem Jahr richtig genervt und den Filmzauber genommen. Das Cineplex in Elmshorn zeigt auch die 24-Bilder-pro-Sekunde-Version. Reicht völlig aus.
Zum fünften Mal in Mittelerde, in dem Fantasy-Reich, so wie es Peter Jackson sieht. Bilbo Beutlin, der Zauberer Gandalf und 13 Zwerge wollen das Zwergenreich Erebor befreien. Mit ihrem Anführer Thorin Eichenschild geht es zum Einsamen Berg, einst Sitz der Zwergenherrscher. Nun bewacht darin der riesige und machtgierige Drache Smaug einen unermesslichen Schatz. Mit dem Bild des Drachen endete der erste Teil, aber Jackson geht nicht in medias res, sondern spult zeitlich zurück.
"Der Hobbit - Smaugs
Einöde“ zeigt das Beste des modernen Kinos, das aber ohne Kompromisse respektive Kalkül nicht mehr auskommt. Um die unverschämt hohen Kinopreise zu rechtfertigen, dauern die Blockbuster immer länger. Gar 160 Minuten sind es hier. Ein Kampf gegen Riesenspinnen im Düsterwald, die Flucht in Weinfässern über einen reißenden Fluss und Kämpfe gegen Orks, bei denen auch schon Mal Köpfe rollen, sind wunderbar in Szene gesetzt, doch die Sequenzen sind viel zu schnell geschnitten. Da kommt das Auge nicht mit. Jeden Punkt, jedes Komma von Tolkiens "Der kleine Hobbit" hat Jackson im ersten Teil verfilmt, damit ihm aber der Stoff nicht ausgeht, dichtet er nun eine Liebesgeschichte zwischen einer Elbe und einem Zwerg hinzu. Das hätte er sich sparen können, da dieser Erzählstrang nichts zur eigentlichen Handlung beiträgt, auch wenn "Lost"-Star Evangeline Lilly eine Augenweide ist. Schon beim Schauen der Fernsehserie dachte ich damals, die würde eine prima Elbe abgeben. Vielleicht hat Jackson meinen Gedanken empfangen...
Großartig ist das Mittelerde-Venedig "Seestadt", ein visuell beeindruckender Schauplatz wie aus einem Dickens-Roman.
Schlecht animiert indes ist das flüssige Gold, das sich gegen Ende des Films in einem gewaltigen Schwall über den Drachen ergießt, aber nichts bewirkt, außer den Drachen so richtig in Rage zu bringen. Ein Genuss ist die deutsche Stimme von Smaug: Sascha Rotermund. Die Dialoge zwischen dem Drachen und Bilbo Beutlin (Martin Freeman) sind so genüsslich anzuhören wie schon die im ersten Teil zwischen Beutlin und Gollum.
Bei all diesen Schauwerten vergisst man fast, dass der Film auch eine Botschaft hat.Wird hier doch die Gier der Menschen nach Reichtum thematisiert, dem alle hinterherrennen, die Guten wie die Bösen. Der unermessliche Schatz des Drachen, den das Scheusal gar nicht benötigt, denn was will ein Drache mit Gold und Edelsteinen, wird zum Symbol für die von Marx kritisierte Akkumulation des Geldes. Wenn sich so viel über einen Film schreiben lässt, kann er nicht so schlecht sein. Meine Reise nach Mittelerde hat den trüben Sonntag gerettet.
Text: René Erdbrügger
Gandalf (Ian McKellen) darf nicht fehlen. Foto: Warner Bros. |
Großartig ist das Mittelerde-Venedig "Seestadt", ein visuell beeindruckender Schauplatz wie aus einem Dickens-Roman.
Schlecht animiert indes ist das flüssige Gold, das sich gegen Ende des Films in einem gewaltigen Schwall über den Drachen ergießt, aber nichts bewirkt, außer den Drachen so richtig in Rage zu bringen. Ein Genuss ist die deutsche Stimme von Smaug: Sascha Rotermund. Die Dialoge zwischen dem Drachen und Bilbo Beutlin (Martin Freeman) sind so genüsslich anzuhören wie schon die im ersten Teil zwischen Beutlin und Gollum.
Text: René Erdbrügger
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