Brady Corbets „The Brutalist“ ist ein Film wie ein Bauwerk: kantig, monumental, kühl – und dabei voller menschlicher Tragik. In über 3,5 Stunden entfaltet sich eine epische Geschichte, die nicht nur das Leben eines Architekten nachzeichnet, sondern auch die Widersprüche einer ganzen Ära sichtbar macht.
Im Zentrum steht László Tóth, ein ungarischer Architekt jüdischer Herkunft, gespielt von einem außergewöhnlichen Adrien Brody. Tóth flieht mit seiner Frau Erzsébet (Felicity Jones) nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA – in der Hoffnung auf Freiheit, Anerkennung und die Verwirklichung seiner architektonischen Visionen. Doch der amerikanische Traum entpuppt sich bald als moralisch brüchige Konstruktion. Was als Hoffnung beginnt, wird zur schleichenden Dekonstruktion seiner Ideale.
Schon der Titel ist vielschichtig: Der Brutalismus ist ein Architekturstil, der für rohe Betonoberflächen, klare Linien und Funktionalität steht – oft verkannt, oft missverstanden. Genau das trifft auch auf Tóths Persönlichkeit und seine Lebensreise zu. Er ist kompromisslos, idealistisch, manchmal größenwahnsinnig – und das macht ihn nicht nur zur faszinierenden Figur, sondern auch zur tragischen.
Auch die Nebenrollen sind hochkarätig besetzt: Guy Pearce als zwielichtiger Mäzen Van Buren Sr. verkörpert die moralische Ambivalenz der Mächtigen mit subtiler Finesse, während Felicity Jones als Erzsébet mit stiller Stärke gegen das Zerbröckeln ihrer Familie ankämpft.
Corbet inszeniert diese metaphorische Verbindung meisterhaft. Seine Kamera zeigt Bauten wie Charaktere – mal erdrückend, mal erhaben. Gedreht wurde auf analogem Film im seltenen VistaVision-Format. Bei diesem in den 1950er Jahren entwickelten Verfahren wird der Filmstreifen horizontal belichtet, aber vertikal abgespielt. Die Farben sind entsättigt. Das verleiht dem Werk eine ästhetische Strenge, fast museale Würde.
Dabei verzichtet er weitgehend auf klassische Spannungsbögen. Stattdessen lässt er die Zeit selbst wirken – wie sie Menschen verändert, Ehen zerstört. Das fordert Geduld und Konzentration, belohnt aber mit einer emotionalen Tiefe, wie sie im heutigen Kino selten geworden ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen