Samstag, 28. Juni 2025

Viel Lärm um weißen Rauch: Warum „Konklave“ enttäuscht

 

"Konklave“ von Edward Berger („Im Westen nichts Neues“ ) verspricht ein intensives politisches Kammerspiel: Der Papst ist tot, die Kardinäle versammeln sich zur geheimen Wahl seines Nachfolgers im Vatikan. Mittendrin: Kardinal Lomeli (Ralph Fiennes), ein Mann des Gewissens, der zwischen Machtspielen, Intrigen und spirituellem Zweifel vermitteln soll. Klingt nach einem spannenden moralischen Drama – ist es aber nur auf dem Papier.


 

Die Handlung verläuft weitgehend vorhersehbar. Die verschiedenen Kardinäle wirken wie Schachfiguren, die in bekannten Mustern agieren: Der erzkonservative Traditionalist, der machtbewusste Außenseiter, der scheinbar heilige Außenseiterkandidat – alle bewegen sich in erwartbaren Bahnen. Die Enthüllungen über dunkle Geheimnisse vergangener Jahre wirken konstruiert und kommen nie mit echtem emotionalem Gewicht. 

Ralph Fiennes bemüht sich um Tiefe, doch sein Kardinal Lomeli bleibt letztlich eine Projektionsfläche moralischer Dilemmata, ohne dass man ihn als Mensch greifen kann. Die Nebenfiguren – allesamt Kardinäle – wirken entweder wie Karikaturen oder Statisten. Besonders die konservativen Figuren verkommen zu einseitigen Bösewichten, ohne Differenzierung oder echtes Profil. Diese mangelnde Charaktertiefe wäre weniger problematisch, wenn der Film wenigstens Spannung durch cleveres Storytelling aufbauen würde – doch dazu kommt es nicht. Viele Dialoge klingen wie aus einem klischeehaften Fernsehfilm: bedeutungsschwer, aber leer. Das steht der Film dem Buch von Robert Harris in nichts nach. 

Visuell ist der Film durchaus eindrucksvoll: Die düsteren Flure des Vatikans, die opulenten Hallen, der Regen über Rom, die roten Roben der Kardinäle– all das ist stimmig eingefangen. Doch leider versucht der Film zu oft, durch Kameraarbeit und Musik Tiefe vorzutäuschen, wo das Drehbuch sie schuldig bleibt. Die Regie setzt auf ein ruhiges Tempo, das in der ersten Hälfte durchaus funktioniert. Doch spätestens im letzten Drittel kippt es ins Zähe. Gespräche wiederholen sich, Entwicklungen stehen auf der Stelle, und das große Finale kommt dann zu plötzlich – wie eine schlecht vorbereitete Opernszene. 

Der Film möchte viel: Er will die katholische Kirche als moralisch fragwürdige Institution zeigen, ihr eins auswischen, zugleich aber spirituelle Tiefe und Hoffnung vermitteln. Er will Fragen von Geschlecht, Macht, Schuld und Vergebung anreißen. Doch all das bleibt Stückwerk. Die finale Enthüllung über den neuen Papst (intersexuell geboren, als Symbol für eine neue, „offene“ Kirche) ist zwar mutig gemeint, wirkt jedoch wie ein kalkulierter Skandal – zumal diese Wendung keinerlei inhaltliche Vorbereitung oder echte psychologische Tiefe besitzt.

Freitag, 13. Juni 2025

Kompromisslos, idealistisch, manchmal größenwahnsinnig: Brady Corbets „The Brutalist"

 

Brady Corbets „The Brutalist“ ist ein Film wie ein Bauwerk: kantig, monumental, kühl – und dabei voller menschlicher Tragik. In über 3,5 Stunden entfaltet sich eine epische Geschichte, die nicht nur das Leben eines Architekten nachzeichnet, sondern auch die Widersprüche einer ganzen Ära sichtbar macht.

Im Zentrum steht László Tóth, ein ungarischer Architekt jüdischer Herkunft, gespielt von einem außergewöhnlichen Adrien Brody. Tóth flieht mit seiner Frau Erzsébet (Felicity Jones) nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA – in der Hoffnung auf Freiheit, Anerkennung und die Verwirklichung seiner architektonischen Visionen. Doch der amerikanische Traum entpuppt sich bald als moralisch brüchige Konstruktion. Was als Hoffnung beginnt, wird zur schleichenden Dekonstruktion seiner Ideale.

Schon der Titel ist vielschichtig: Der Brutalismus ist ein Architekturstil, der für rohe Betonoberflächen, klare Linien und Funktionalität steht – oft verkannt, oft missverstanden. Genau das trifft auch auf Tóths Persönlichkeit und seine Lebensreise zu. Er ist kompromisslos, idealistisch, manchmal größenwahnsinnig – und das macht ihn nicht nur zur faszinierenden Figur, sondern auch zur tragischen.

Auch die Nebenrollen sind hochkarätig besetzt: Guy Pearce als zwielichtiger Mäzen Van Buren Sr. verkörpert die moralische Ambivalenz der Mächtigen mit subtiler Finesse, während Felicity Jones als Erzsébet mit stiller Stärke gegen das Zerbröckeln ihrer Familie ankämpft. 


 

Corbet inszeniert diese metaphorische Verbindung meisterhaft. Seine Kamera zeigt Bauten wie Charaktere – mal erdrückend, mal erhaben. Gedreht wurde auf analogem Film im seltenen VistaVision-Format. Bei diesem in den 1950er Jahren entwickelten Verfahren wird der Filmstreifen horizontal belichtet, aber vertikal abgespielt. Die Farben sind entsättigt. Das verleiht dem Werk eine ästhetische Strenge, fast museale Würde.

Dabei verzichtet  er weitgehend auf klassische Spannungsbögen. Stattdessen lässt er die Zeit selbst wirken – wie sie Menschen verändert, Ehen zerstört. Das fordert Geduld und Konzentration, belohnt aber mit einer emotionalen Tiefe, wie sie im heutigen Kino selten geworden ist.

 


Samstag, 7. Juni 2025

„MobLand“: Machtspiele und Verrat in Londons düsterer Unterwelt

 

Willkommen in Londons düsterer Unterwelt: In „MobLand“ dreht sich alles um Harry Da Souza (Tom Hardy), einen sogenannten Fixer, der im Schatten zweier verfeindeter Mafiafamilien operiert. Als der brüchige Waffenstillstand zwischen den Clans droht zu eskalieren, gerät Harry zwischen die Fronten – und wird zum Spielball einer brutalen Machtverschiebung.

Wer denkt, das klingt nach klassischem Gangsterstoff, liegt goldrichtig. Doch „MobLand“ versucht, aus der altbekannten Story mehr herauszuholen – mit Stil, starken Schauspielern und einer ordentlichen Portion Atmosphäre.

 


Optisch ist die Serie ein echtes Brett. Produzent Guy Ritchie bringt seine typische Handschrift ein: schnelle Schnitte, trockener Humor, scharfe Dialoge – das Ganze verpackt in ein dreckig-schönes London voller Nebel, Beton und Blut.

Helen Mirrens Rolle als manipulierende Matriarchin erinnert an Lady Macbeth aus „Macbeth“ – eine Frau, die ihren Mann (Pierce Brosnan als Conrad Harrigan) zum Handeln anstiftet und durch ihre Machenschaften die ganze Familie ins Verderben stürzt 

Insgesamt ist „MobLand“ eine moderne Hommage an Shakespeares tiefgründige Erkundung von Macht, Verrat und menschlicher Schwäche – nur eben mit schnellerem Tempo.

 

Mittwoch, 4. Juni 2025

Viel Drama, wenig Überraschung: Jessica Biel in „Die perfekte Schwester"

 

Mit der neuen Thriller-Serie „Die perfekte Schwester“ bringt Amazon Prime eine Geschichte auf den Bildschirm, die vertraut wirkt – und gerade deshalb polarisiert. Jessica Biel und Elizabeth Banks stehen im Zentrum eines Familienkrimis, der psychologisch dichte Momente bietet, insgesamt aber auf bewährte Genreformeln setzt.

Chloe lebt das perfekte Vorstadtleben – erfolgreicher Job, liebevoller Ehemann, ein Teenager-Sohn. Doch als ihr Mann Adam brutal ermordet wird, gerät alles ins Wanken. Plötzlich steht ihre jüngere Schwester Nicky wieder vor der Tür, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt hatte. Während die Polizei ermittelt, tauchen dunkle Geheimnisse auf – aus der Ehe, der Kindheit, dem ganzen Konstrukt Familie. Und bald ist klar: Jeder hat etwas zu verbergen.


 

Die Serie punktet mit ihrer hochkarätigen Besetzung: Jessica Biel überzeugt als kühle, kontrollierte Chloe, während Elizabeth Banks als impulsive Nicky eine emotionale Tiefe mitbringt, die der Geschichte Energie verleiht. Auch die visuelle Umsetzung – düster, elegant, stimmungsvoll – trägt zur intensiven Atmosphäre bei. Die einzelnen Folgen lassen sich gut durchbingen, da immer wieder neue Hinweise und Konflikte eingestreut werden.

Trotz des spannenden Setups bleibt „Die perfekte Schwester“ weitgehend vorhersehbar. Die Enthüllungen sind solide inszeniert, folgen aber bekannten Mustern. Wer Serien wie "Big Little Lies" oder "The Undoingkennt, wird viele Elemente wiedererkennen. Auch die Nebenfiguren bleiben meist flach, und das Tempo schwankt – einige Szenen ziehen sich, andere überspringen wichtige Entwicklungen.

„Die perfekte Schwester“ ist zwar ein stilvoll inszeniertes Drama über Schuld, Verrat und familiäre Verletzungen, aber überrascht kaum. Wer aber Lust auf psychologischen Thrill ohne große Experimente hat, wird hier solide unterhalten.