Sonntag, 3. Februar 2013

„Metropolis“: Die Mutter aller Zukunfts-Filme


Fritz Langs Stummfilm-Klassiker von 1927 begeistert immer noch

Ikonografie des Science-Fiction-Genres:
 Die Schöpfung der Mensch-Maschine Maria.
 Warner Bros.
Die  sich auf und ab bewegenden schweren Kolben,  das Drehen der Zahnräder und die wie Roboter marschierenden Arbeitermassen auf dem Weg zu  ihrer Zehn-Stunden-Schicht – obwohl „Metropolis“ ein Stummfilm ist, hat man durch die rhythmisch aneinandergereihten Bilder vom ersten Moment an das Gefühl, die Geräuschkulisse  auch zu hören.
„Metropolis“  ist die Mutter aller Zukunftsfilme,  die kinematografische  Ursuppe, aus der  später   „Blade Runner“  „Brazil“  und „Dark City“ hervorgingen, und mit der Bands wie „Queen“ ihre Videos würzten. Das Meisterwerk, das die Unesco zum Weltkulturerbe erklärte  und 2011 in einer restaurierten, fast kompletten  Fassung  84 Jahre nach der Uraufführung 1927 in den Kinos wieder zu sehen war, begeistert auch heute noch.
Auch wer „Metropolis“ zum ersten Mal schaut, gerät ins  Staunen, egal, ob er zuvor schon Tausende anderer Filme  gesehen hat. Weil er entdeckt,  wie sehr die Drehbuchautoren und Designer dieses Werk in den nachfolgenden Jahrzehnten kopiert und  geplündert haben.  Es sind Gänsehaut erzeugende Bilder. Zwei Beispiele, die die Science-Fiction-Ikonografie für alle Zeiten prägten:  Da ist die vom legendären Filmarchitekten Otto Hunte entworfene, weit in den Himmel ragende Wolkenkratzerstadt Metropolis mit ihren auf Schnellstraßen fahrenden Autos, über die Flugzeuge dahingleiten,  die  Blaupause  aller fiktiven Mega-Citys , und da ist der  Schöpfungsakt der Mensch-Maschine  Maria in einer von pulsierenden Leuchtringen umgebenden Röhre.
Nein, über die imaginäre Kraft und Ästhetik   in „Metropolis“  gibt es keine zwei Meinungen, wohl aber über die Geschichte selbst: Langs damaliger Frau und Drehbuchautorin, Thea  von Harbou, werfen viele Kritiker Sozialkitsch vor:   Hoch oben über der Stadt thront Joh Fredersen (Alfred Abel), der die wirtschaftliche und politische Macht in seinen Händen hält. Unter der Stadt verrichten Menschen  Sklavendienste. Die Arbeiter-Anführerin Maria (Brigitte Helm) will rebellieren.  Am Ende löst sich jedoch alles in Wohlgefallen auf. Warum auch nicht? Hollywood-Filme funktionieren heute immer noch nach diesem Muster. 
Für das damalige Publikum war das Gesamtpaket „too much“.  Der sechs Millionen Reichsmark teure Film floppte an der Kinokasse. Die 210 Minuten lange Fassung wurde gekürzt, über ein Viertel des Originalmaterials ging verloren. Das Filmunternehmen UFA stand am Rand der Pleite. Lang war damit der erste "verbrannte" Regisseur der Filmgeschichte.

Jahrzehnte später dann die  Sensation: 2008 wurde in Bueños Aires  eine 16 Millimeter-Kopie mit  zahlreichen verlorenen Szenen gefunden, die als Grundlage für die Neufassung –  den Director’s Cut von „Metropolis“  –  diente.

René Erdbrügger


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