Screening-Dienste
sind Segen und Pein zugleich – einerseits machen sie Filme sofort und
bequem verfügbar, andererseits rauben sie ihnen die lange, würdige
Präsenz im Kino. Gerade Netflix lässt manche Produktionen nur kurz auf
der großen Leinwand laufen, einzig um die formale Voraussetzung zu
erfüllen, im Oscar-Rennen antreten zu dürfen. "Jay Kelly" von Regisseur Noah Baumbach gehört zu genau diesen Oscar-Favoriten.
Der
gealterte Schauspieler Jay (George Clooney) ist auf einer Dienstreise
durch Italien, die zu einer Memory lane wird. Was nach einer lockeren,
mediterranen Selbstfindung klingt, entpuppt sich als überraschend
introspektives Werk, das seinen Protagonisten gnadenlos mit verpassten
Chancen konfrontiert und mit der Frage, ob es sich gelohnt hat, dafür
seine Familie aufzugeben.
Clooney spielt Jay mit einer gekonnten
Mischung aus Charisma und Müdigkeit: ein Mann, der äußerlich noch
strahlt, innerlich aber längst Risse trägt. An seiner Seite wirkt Adam
Sandler als Manager Ron fast wie ein stiller Therapeut. Sandlers ruhige
Präsenz, die fern seiner sonstigen Slapstick-Rollen liegt, bietet den
perfekten Gegenpol zum emotional unruhigen Jay.
Der Film erreicht seinen stärksten Moment, als Jay bei einer Preisverleihung mit Szenen aus Clooneys eigener Filmografie konfrontiert wird. Es ist ein selbstreferenzieller, fast meta-hafter Augenblick, in dem Clooney nicht nur Jay spielt, sondern auch dem Echo seiner eigenen Karriere lauscht. *****
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