Freitag, 30. Mai 2025

White Lotus (3) - Schönheit, Schein und spirituelle Leere

 

Mit der dritten Staffel von "The White Lotus" geht Mike White erneut auf Tauchgang in die Abgründe der Wohlstandsgesellschaft – diesmal vor der atemberaubenden Kulisse Thailands. Doch während die tropische Atmosphäre erneut beeindruckt, bleibt ein schaler Beigeschmack: Der bissige Witz und die erzählerische Schärfe früherer Staffeln scheint langsam zu verblassen.

Thailand als Postkartenkulisse – aber auch als Spiegel

Wer "The White Lotus kennt", weiß: Der Urlaub ist hier selten Erholung. Diesmal führt uns die Serie nach Südostasien, genauer gesagt nach Thailand – mit Stopps in Bangkok, Phuket und Ko Samui. Alles wirkt wieder makellos inszeniert: üppige Vegetation, Tempelanlagen, leuchtende Sonnenuntergänge über türkisblauen Buchten. Doch unter der schillernden Oberfläche brodelt es – wie immer.


 

Die Serie lebt auch in Staffel 3 von Kontrasten: westliche Selbstfindungsversuche treffen auf östliche Spiritualität, Luxus auf Leere, schöne Kulisse auf hässliche Wahrheiten.

Neue Gesichter, alte Muster

Das Ensemble ist wie immer hochkarätig: Carrie Coon, Walton Goggins, Jason Isaacs und Newcomerin Aimee Lou Wood bringen Leben (und Abgründe) in die luxuriöse Hotelanlage. Besonders Wood überzeugt als Chelsea mit einer leisen, tiefgründigen Performance, die im Gedächtnis bleibt.


 

Weniger überzeugend ist dagegen die Besetzung von Resort-Manager Fabian (gespielt von Christian Friedel) und Popstar Lisa (Lalisa Manobal). Ihre Rollen bleiben blass, wirken wie Karikaturen.

Ein bisschen zu viel Zen

Thematisch bleibt die dritte Staffel bei seinen Kernfragen: Wer bin ich, wenn mir alles offensteht? Was bleibt übrig, wenn Geld keine Rolle spielt – oder genau deswegen jede spielt? Diesmal wird das Ganze in ein spirituelles Gewand gehüllt – mit Meditation, Guru-Sessions und Yoga am Infinity-Pool. 

Einige Twists, wie die späte Vaterschafts-Enthüllung eines Gastes, wirken bemüht und vorhersehbar. Die Serie traut sich nicht mehr ganz so viel, sondern schleicht eher gemächlich zum Höhepunkt – der allerdings wie ein Paukenschlag daherkommt. Sehenswert ist die Serie allemal.

„Paddington in Peru“ – das gewisse Etwas fehlt

 

Mit „Paddington in Peru“ geht die beliebte Reihe rund um den marmeladenliebenden Bären in die dritte Runde – diesmal mit einem ganz neuen Regisseur am Steuer: Dougal Wilson gibt hier sein Langfilmdebüt. Nach den überaus charmanten Vorgängern waren die Erwartungen hoch. Der neue Film bietet zwar viele liebevolle Details, sympathische Figuren und ein exotisches Setting – doch das gewisse Etwas fehlt leider.

Die Geschichte führt Paddington und die Browns in den peruanischen Dschungel, auf der Suche nach Tante Lucy, die spurlos aus einem Heim für pensionierte Bären verschwunden ist. Klingt nach einem spannenden Abenteuer – und tatsächlich begegnen sie unterwegs allerlei skurrilen Gestalten, von einer singenden Nonne (Olivia Colman) bis hin zu einem etwas zwielichtigen Bootsführer (Antonio Banderas).


 

Diese Begegnungen sind bunt, schrullig und bringen die nötige Portion Humor mit sich, die man von einem Paddington-Film erwartet. Aber anders als in den Vorgängern wirken manche dieser Momente ein wenig bemüht – fast so, als wolle man den bekannten Paddington-Zauber mit aller Kraft konservieren.

Optisch macht „Paddington in Peru“ einiges her. Die Landschaftsaufnahmen sind wunderschön, die Animation des Bären erneut hervorragend in die reale Welt eingebettet. Doch was nützt das schönste Bild, wenn die Geschichte nicht ganz mitzieht? Während Paddington weiterhin charmant-tollpatschig agiert, geraten die Browns überraschend ins Hintertreffen. Figuren, die früher ein Herzstück der Filme waren, wirken diesmal eher wie Beiwerk.

Was gut funktioniert: Olivia Colman bringt mit ihrer überdrehten Nonne eine frische, wenn auch leicht überzeichnete Note ins Spiel. 

Was weniger überzeugt: Die Handlung ist stellenweise vorhersehbar, die emotionale Tiefe bleibt oberflächlich, und die musikalischen Einlagen – ja, es gibt Gesang – wirken nicht immer harmonisch integriert. 

"Paddington in Peru“ ist ein liebevoll gemachter Familienfilm mit Herz, Humor und einer tollen Hauptfigur. Aber er erreicht nicht ganz die emotionale Wärme und kreative Originalität, die "Paddington 1 und 2" so besonders gemacht haben. 

Samstag, 24. Mai 2025

"Sirens": Sirenengesang mit Julianne Moore

Manchmal braucht es nur ein langes Wochenende, um die bröckelnden Fassaden einer perfekten Welt zu entlarven – genau das tut die neue Netflix-Miniserie "Sirens", und zwar mit scharfem Blick, bitterem Witz und starker Besetzung.

Die Geschichte spielt an einem sonnigen Strandanwesen der superreichen Familie Kell – ein Ort, der gleichzeitig paradiesisch und unheimlich wirkt. Im Zentrum stehen zwei Schwestern: Devon (gespielt von Meghann Fahy), frisch aus dem Gefängnis entlassen, und Simone (Milly Alcock), die sich als persönliche Assistentin der mysteriösen Milliardärin Michaela Kell (Julianne Moore) in einer glitzernden, aber seltsam kontrollierten Welt verloren hat. Devon kommt mit einem klaren Ziel: ihre Schwester zurückholen. Doch je tiefer sie in die Dynamik dieses luxuriösen Mikrokosmos eindringt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Rettung und Unterwerfung.


 

Was "Sirens" besonders macht, ist nicht nur das starke Schauspiel – besonders Julianne Moore ist als charismatische und manipulative Michaela absolut fesselnd – sondern die dichte Atmosphäre und die Themen, die sich leise, aber unerbittlich entfalten: Macht, Abhängigkeit, weibliche Selbstbestimmung und die Frage, wie leicht sich Identitäten in einer Welt verlieren lassen, in der alles käuflich wirkt.

Und dann gibt’s da noch Kevin Bacon, der als der undurchsichtige Ehemann von Michaela, Rick Kell, auftritt. Bacon spielt den Part mit einer unterschwelligen Bedrohung, die einem das Gefühl gibt, dass er jederzeit aus dem Schatten treten könnte, um die Geschichte auf eine völlig neue Ebene zu katapultieren.Was in der letzten Folge auch passiert.

Der Titel „Sirens“ ist übrigens kein Zufall: Wie die mythischen Sirenen der Antike lockt auch diese Welt mit Schönheit und Luxus – nur um ihre Figuren emotional an Felsen zerschellen zu lassen. 

Alle fünf Episoden von „Sirens“ sind jetzt auf Netflix verfügbar.

Montag, 12. Mai 2025

Ein-Mann-Armee: Tom Hardy zerlegt die Unterwelt in "Havoc"

Mit "Havoc" liefert Regisseur Gareth Evans ("The Raid") einen gnadenlosen Actionthriller ab, der vor allem eines will: durch rohe Gewalt und ungeschönte Härte beeindrucken. Der Netflix-Film versetzt uns in eine namenlose, düstere Stadt, in der Korruption, Drogen und Gewalt den Alltag bestimmen – ein urbaner Alptraum, durch den sich Tom Hardy als gebrochener Einzelkämpfer schleppt.

Handlung als Aufhänger – nicht als Fokus

Die Geschichte selbst ist schnell erzählt: Nach einem aus dem Ruder gelaufenen Drogendeal kämpft sich der Polizist Walker (Hardy) durch die kriminelle Unterwelt, um den Sohn eines Politikers zu retten. Doch wer bei dieser Prämisse auf vielschichtige Erzählkunst hofft, wird enttäuscht. Die Handlung ist klar zweitrangig – sie dient vor allem als Bühne für eine Tour de Force aus Faustkämpfen, Verfolgungsjagden und Schusswechseln.



Was "Havoc" an Tiefe fehlt, macht er in der Action wieder wett. Die Kampfszenen sind brutal, intensiv und oft schmerzhaft realistisch. Gareth Evans bleibt seiner Handschrift treu: Die Kämpfe sind handgemacht, ungeschönt und mitreißend choreografiert – ein Fest für Genre-Fans. Tom Hardy geht körperlich wie emotional an seine Grenzen und überzeugt als wortkarger, kaputter Cop, der sich nur noch mit Wut und Willenskraft auf den Beinen hält.

Düster, aber nicht besonders neu

Visuell ist der Film konsequent in seinem Ton: alles ist grau, dreckig und bedrückend. Die Kameraarbeit unterstreicht das Gefühl einer Stadt im moralischen Verfall. Doch trotz dieser gelungenen Atmosphäre hat der Streifen mit einem Problem zu kämpfen: Das alles kennt man irgendwie schon. Die Geschichte vom Einzelgänger, der sich durch Korruption und Chaos kämpft, wirkt in ihrer Erzählweise erstaunlich konventionell.

"Havoc" ist zwar ein kompromissloser Actionfilm, der seine Stärken klar im physischen Spiel von Tom Hardy und in den brutal-ehrlichen Kampfszenen hat. Als emotionaler oder erzählerischer Thriller bleibt er aber hinter den Erwartungen zurück. Wer knallharte Action ohne viel Drumherum sucht, kommt auf seine Kosten – alle anderen werden sich an der fehlenden Tiefe und Originalität stören.

"Your Friends & Neighbors" – Jon Hamm brilliert als Gentleman-Gauner

 

Mit "Your Friends & Neighbors" präsentiert Apple TV+ eine ebenso bissige wie unterhaltsame Dramedy, die reichlich Gesprächsstoff liefert. Im Mittelpunkt der Serie steht Coop (Jon Hamm), ein gefallener Hedgefonds-Manager, der nach dem Verlust seines Jobs und seiner Ehe seinen dekadenten Lebensstil aufrechtzuerhalten versucht – indem er beginnt, seine reichen Nachbarn systematisch zu bestehlen. Was auf dem Papier wie ein klassischer Heist-Plot klingt, entpuppt sich als pointierte Gesellschaftssatire über Status, Moral und den brüchigen Glanz der Wohlstandselite.

Jon Hamm liefert hier seine vielleicht stärkste Performance seit "Mad Men". Als charismatischer, aber zutiefst widersprüchlicher Coop schwankt er zwischen Selbstmitleid, Überheblichkeit und echter Verzweiflung. Hamm gelingt es, diesen moralisch fragwürdigen Charakter so nuanciert darzustellen, dass man als Zuschauer nie ganz sicher ist, ob man ihn verachten oder bewundern soll.


 

Die Serie lebt von ihren scharf geschriebenen Dialogen, einem doppelbödigen Humor und einem Ensemble, das bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt ist. Olivia Munn überzeugt als Coops Geliebte Sam mit einer kühlen Eleganz, während Lena Hall als dessen Schwester Ali emotionale Tiefe beisteuert. Besonders gelungen ist der Kontrast zwischen der polierten Oberfläche des Vorstadtlebens und den dunklen, oft absurden Geheimnissen, die sich dahinter verbergen.

Nicht jede Episode ist gleich stark – einige Handlungsstränge verheddern sich in Nebenkriegsschauplätzen. Doch insgesamt gelingt der Serie eine überzeugende Balance zwischen Drama und Komik, Kritik und Unterhaltung.