Viele streamen
Kinofilme nur noch auf Netflix, iTunes oder Sky. Sie sind
jederzeit
abrufbereit. 24 Stunden lang. Zu Hause in der Glotze, auf dem
Tablet oder auf
dem Smartphone. Die Zeiten, wo man den Premieren von "ET",
"Jäger des verlorenen Schatzes" oder "Terminator" in den
Lichtspielhäusern monatelang entgegenfieberte, sind längst
vorbei. Filme sind
beliebig geworden wie berühmte Gemälde, von denen es etliche
Kunstdrucke gibt.
Im Wesentlichen gibt es nur noch zwei Großereignisse, die uns
wieder ins Kino locken
und uns daran erinnern, was Vorfreude ist: der neue Bond oder
der neue Star
Wars.
Je größer
die Erwartung, desto größer wiegt aber auch die Enttäuschung:
Die Kritiker
lieben "Star Wars - Die letzten Jedi", aber die Fan-Gemeinde
ist gespalten. Auf der Internetseite Rotten tomatoes, auf der
die Kritiken
gesammelt werden und der Durchschnitt aller Bewertungen
erstellt wird,
haben 90 Prozent der Journalisten wohlwollende Rezensionen
über die achte
Episode der Weltraumsaga geschrieben, aber nur jeder zweite
Zuschauer findet
warme Worte für den SF-Streifen. Die Fans sind auf der Zinne:
Im Internet
kursieren jetzt sogar an die Produktionsfirma Disney
gerichtete Petitionen, den
Film aus der Reihe zu
verbannen.
Harter
Tobak, leider ist die Kritik der Hardcore-Fans nicht
unbegründet. J. J. Abrams,
der hier als ausführender Produzent wirkte, hat vor zwei
Jahren mit „Star Wars:
Das Erwachen der Macht“ vorgelegt und das Flair der frühen
Star-Wars-Filme
eingefangen. Sehr viel Nostalgie und ein paar neue Ideen
zeichnen seinen Film
aus, der wie ein makelloses Remake vom ersten Star Wars aus
dem Jahr 1977
anmutet. Abrams Relaunch hauchte der Serie genauso neues Leben
ein wie
"Casino Royale" der James-Bond-Reihe.
Ob Regisseur
Rian Johnson („Looper“) ähnliche Ambitionen hatte? Episode
acht spricht eine
andere Sprache: Der Film ist mit 150 Minuten viel zu lang, die
Dramaturgie hakt
an einigen Stellen, obwohl er die für die Star-Wars-Filme
übliche dreiteilige
Erzählstruktur beibehält, die Entwicklung bekannter Charaktere
ist
gewöhnungsbedürftig, die Gags sind einem jungen Publikum
geschuldet und oft
beschleicht einen das Gefühl, Johnson verrät ideelle
Grundfeste des
Star-Wars-Mythos, die gar nicht zur Debatte stehen dürften.
Los geht es
mit einer soliden Weltraumschlacht. Schnell ist man im Film.
Die Evakuierung
der Rebellenbasis ist in vollem Gange, als plötzlich mehrere
Sternenzerstörer
am Himmel auftauchen. Unter dem Kommando von General Hux
sollen die
Raumschiffe der „Ersten Ordnung“ die letzten Anhänger des
Widerstands
vernichten. Die Flotte, angeführt von Generalin Leia Organa
(Carrie Fisher),
flüchtet sich in den Hyperraum und ist auf der Suche nach
einer neuen
Basis. Doch die Sternenzerstörer sind ihnen auf den Fersen.
Währenddessen
wechselt die Erzählung zum Wasser- und Inselplaneten Ahch-To.
Dort hat die
junge Rebellin Rey bereits am Ende von "Das Erwachen der
Macht"
den verschollenen Luke Skywalker (grandios: Mark Hamill)
gefunden. Jetzt
erhofft sie sich, von ihm ausgebildet zu werden. Doch
Skywalker, mittlerweile
ein Grantler, will davon nichts wissen. Die Zeit der Jedi sei
vorbei, er würde
die Insel nie mehr verlassen. Es sei seine Schuld, dass sich
sein Neffe Kylo
Ren der dunklen Seite der Macht zugewendet habe, sein
Versagen. Rey wird an
diesem besonderen Ort bewusst, dass sie eine telepathische
Verbindung zu
Kylo Ren hat und glaubt, ihn von der dunklen Seite der Macht
abbringen zu
können.
Ein weiterer
Erzählstrang ist der erfolglose Versuch von Finn und der neu
eingeführten Figur
Rose, einer Wartungsoffizierin, mit Hilfe eines
Meister-Code-Knackers das Peilsystem
auf dem Zerstörer der Ersten Ordnung zu deaktivieren, mit dem
die
Rebellenschiffe auch im Hyperraum geortet werden können. Die
Suche nach dem
Code-Knacker führt sie auf einen Casino-Planeten. Dort
schlürfen reiche Aliens
Champagner, lassen die Roulette-Kugeln kreisen und halten
Kinder als Sklaven. Finn
und Rose werden wegen Falschparkens (ihres Raumschiffs!!) ins
Gefängnis
gebracht, wo sie DJ kennen lernen, der sich ebenfalls mit dem
Knacken von Codes
auskennt. Er ist nicht der gesuchte Mann, aber gegen Bezahlung
will er den Job übernehmen.
Zusammen brechen sie aus und fliehen. Ihre Mission auf dem
Zerstörer scheitert
jedoch, denn DJ verrät sie.
Und so geht
es hin und her. Von Szene zu Szene. Johnson verliert sich in
strunzdummen
Dialogen ("Zieh Dir doch endlich ein Hemd an", sagt die
schamhafte
Rey und wendet ihren Blick von dem halbbekleideten Kylo Ren
ab, obwohl sie ihn
nur in Gedanken vor sich sieht), und einer Vielzahl neuer
Charaktere, darunter
die pummelige Wartungsoffizierin Rose Tico (Kelly Marie Tran),
schon jetzt bei
den Fans eine Hassfigur wie einst Jar Jar Binks, die Admiralin
Amilyn Holdo
(Laura Dern), die das Kommando über die Flotte übernimmt, als
Generalin Leia
Organa im Koma liegt. Mit ihrem Abendkleid und der frischen
Dauerwelle sieht
sie aus, als wollte sie gleich eine Opernvorstellung besuchen.
Und DJ (Benicio Del
Toro), ein Code-Knacker,
zählt dazu. Monster mit entzündeten Zitzen, die von Luke
gemolken werden, oder
Plastik-Vögel, die Chewbacca signalisieren, dass sie es nicht
in Ordnung
finden, dass er sie essen will,und zu guter Letzt die
seltsamen Wesen, die sich
um die Wäsche kümmern und für Ordnung sorgen. Alles ein wenig
too much.
Champagner
schlürfende Außerirdische? Spätestens jetzt schaut der eine
oder andere
Kinobesucher auf die Uhr, wie lange der Film noch dauert. In
Erwartung auf
einen Showdown. Man fängt an zu überlegen: Kanonenkugeln, die
im schwerelosen
Weltraum nach unten fallen, Waffenhändler, die ihre Waren an
die Rebellen und
die Erste Ordnung verkaufen, Raumschiffe, denen der Treibstoff
ausgeht, und
eine Carrie Fischer, die im All wie Mary Poppins herumfliegt,
und eine Portion
Gesellschaftskritik. Es bleiben nur noch sechs Stunden, bis der
Treibstoff
ausgeht, aber alle agieren, als hätte man alle Zeit der Welt.
Es kommt keine
Spannung auf. Mag man das oder nervt es nur noch?
Was Johnson
alles in sein Drehbuch hineingeschrieben hat, ist oft
hanebüchen oder
belanglos. Wieso sollen Reys Eltern nur Schrotthändler gewesen
sein?
Schließlich hat sie die Macht der Jedi und Luke Skywalkers
Lichtschwert ist für
sie bestimmt. Die Fans hatten auf eine andere Erklärung
gehofft, die in den
großen Kontext der Saga passen würde.
Das Motto
dieses Films könnte auch lauten: "The force is female" ("Die
Macht ist weiblich"). Im Internet gibt es ein Foto von Star
Wars-Produzentin
Kathleen Kennedy, die diesen Schriftzug auf ihrem T-Shirt
trägt. Wie viel
Mitspracherecht mag sie wohl gehabt haben?
Beispiele
für den Geschlechterwandel gibt es zuhauf: So wird der in
Episode 7 eingeführte
Pilot Poe (Domnhall Gleason), ein Han-Solo-Verschnitt, sehr
schnell von der
Admiralin als leichtsinniger Dummkopf kaltgestellt.
Sturmtruppler Finn,
der im vorigen Teil noch beherzt mit Rey gegen die dunkle
Macht kämpfte, wird
hier als Feigling dargestellt ebenso wie Skywalker, der von
der Macht nichts
mehr wissen will, sie in Frage stellt und sich weigert, in den
Krieg zu ziehen.
Snoke (Andy Serkis), der Anführer der „Ersten Ordnung“ und
nebenbei ein
wunderbarer Star-Wars-Filmschurke, muss auch dran glauben. Von
seiner Herkunft
und Rolle im Spiel von Gut und Böse erfahren wir nichts. Am
Ende richten
es die Frauen. Das Gender Mainstreaming hat Einzug bei Star
Wars gehalten,
leider steht die Waage nicht im Gleichgewicht.
Allerdings
versöhnt Episode 8 mit dem Schlussakkord auf einem
Salzplaneten - eine gelungene
Hommage an den Kampf auf dem Eisplaneten aus "Das Imperium
schlägt
zurück". Mit ein paar schönen Einfällen¸ beispielsweise dem
Rashomon-Effekt, zurückgehend auf den japanischen Regisseur
Akira
Kurosawa (1910 - 1998), überrascht Johnson die Cineasten. Der
Konflikt
zwischen Skywalker und Kylo, der zum Zerwürfnis geführt hat,
wird aus einander
widersprechenden Sichtweisen beleuchtet. Dem Zuschauer obliegt
es, sich selbst
ein Bild davon zu machen. Des Weiteren werden Filme wie "Rio
Bravo",
"Herr der Ringe" und "Oliver Twist" zitiert. Johnson will
einfach zu viel, ohne sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren: eine gut
strukturierte Geschichte ohne Widersprüche und Ballast im
Geist des Star Wars-Mythos
zu erzählen.
Vielleicht
sollten wir „Star Wars: Die letzten Jedi“ nicht allzu viel
Bedeutung beimessen.
Er ist das Bindeglied der neuen Trilogie. Für den neunten
Teil der Saga
ist wieder J.J Abrams verantwortlich. Die Aufgabe wird nicht
leicht sein. Fast
alle alten Helden sind ausgelöscht, die Story aber nicht groß
von der Stelle
gekommen. Einen Cliffhanger gibt es diesmal auch nicht. Möge
die Macht mit J.J
Abrams sein. René Erdbrügger
"A friend asked yesterday if this blog is addressed to anyone in particular? I said yes - it’s a love letter to someone I haven’t met yet." Wer die Seite entdeckt, ist willkommen.