Sonntag, 7. September 2025

"Like a Complete Unknown" – Eine Hymne an den Mythos Dylan

 

"Like a Complete Unknown" ist kein gewöhnliches Biopic – es ist eine tief empfundene Hommage an einen Künstler, der nie wirklich greifbar war. Regisseur James Mangold gelingt das Kunststück, Bob Dylan nicht erklären zu wollen, sondern ihn in all seiner Widersprüchlichkeit erfahrbar zu machen. Der Film fokussiert sich auf die frühen Jahre Dylans, die Zeit, in der aus einem jungen Musiker aus Minnesota eine Ikone der Gegenkultur wurde.

Im Zentrum steht Timothée Chalamet, der mit einer fast unheimlichen Authentizität in die Rolle des jungen Dylan schlüpft. Er spielt nicht nur – er lebt die Figur: die Stimme, der Blick, das Spiel mit der Gitarre, selbst das Scheue und zugleich Durchdringende in seiner Präsenz. Chalamet singt selbst, und das mit überraschender Überzeugungskraft – kein Imitat, sondern eine sensible Annäherung.


 

Die Inszenierung verzichtet bewusst auf klassische Biopic-Dramaturgien. Stattdessen erleben wir Momente – fragmentarisch, poetisch, voller Atmosphäre. Die Kamera fängt das New York der frühen 1960er mit rauer Romantik ein: verrauchte Clubs, regennasse Straßen, spontane Jam-Sessions. Musik wird hier nicht zur bloßen Kulisse – sie ist das erzählerische Herz des Films. Wenn Dylan singt, dann spricht der Film – leise, eindringlich, wahrhaftig.

Bemerkenswert ist auch das Ensemble: Nebenrollen wie Joan Baez oder Pete Seeger erhalten eigene Nuancen, ohne die Hauptfigur zu überstrahlen. Doch trotz der starken Darsteller bleibt der Film stets bei Dylan – oder besser gesagt: bei dem Versuch, ihn zu begreifen, ohne ihn zu entmystifizieren.

Was diesen Film besonders macht, ist seine Zurückhaltung. "Like a Complete Unknown" versucht nicht, Antworten zu geben. Er stellt Fragen – über Identität, Kunst, Wahrheit und Wandel. Er zeigt einen Dylan, der sich entzieht, neu erfindet, aneckt. Und genau darin liegt seine Größe: Der Film bewahrt das Geheimnis, das Dylan umgibt. Und macht daraus großes Kino.

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