Der türkische Globetrotter Gurkan Genç (34) fährt
mit seinem Rad um die Welt / Zwischenstopp in Quickborn
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Aussteiger, Abenteurer, Globetrotter: Gurkan Genç Fotos (2): Erdbrügger |
Quickborn Jules
Vernes Romanfigur Phileas Fogg brauchte für seine Reise um die Erde 80
Tage. Der türkische Globetrotter Gurkan
Genç will sich dafür sieben Jahre Zeit nehmen. Nicht per Auto, Schiff,
Ballon oder Eisenbahn wird er den Globus umrunden, sondern mit seinem
Fahrrad, das er „Iron Horse“ (Eisenpferd) nennt. Jetzt machte Genç
einen Zwischenstopp in Quickborn an der Kieler
Straße. Beim Obst- und Gemüsehändler „arkadasch“ deckte er sich mit
Lebensmitteln ein. Es sind Bekannte von ihm. So klein kann dann doch die
Welt sein. Nur eine halbe Stunde später radelt er nach Hamburg weiter.
Wir sitzen bei „arkadasch“ in einem kleinen Büro
und unterhalten uns auf Englisch. „2012 habe ich meine Reise in Ankara
begonnen. Ich will die Welt nicht umfahren, sondern sie mit dem Rad
bereisen – I travel the world“, sagt Gurkan Genç
voller Enthusiasmus. Seine Geschichte klingt zunächst unglaublich.
Aber im Internet macht sie bereits die Runde. Auf YouTube sind die
Videos des 34-Jährigen zu sehen, die er unterwegs dreht. Auf Facebook
und auf seiner Website (gurkangenc.com) berichtet
er von seinen Abenteuern und postet seine Fotos.
An die 5000 Kilometer ist er in den vergangenen
Monaten geradelt. Oft im Zickzack-Kurs. Mit seinem Rad hat er
Bulgarien, Rumänien, Moldawien, die Ukraine, Russland, Finnland,
Schweden, Norwegen und Dänemark durchquert. 110 000 Kilometer
liegen noch vor ihm. Am Ende seiner Reise wird er fünf Wüsten
durchquert, fünf der höchsten Gipfel dieses Planeten, wo er geheime
Botschaften für seine ungeborenen Kinder hinterlassen wird, bezwungen
und 84 Länder besucht haben.
Gurkan Genç hat seinen Kindheitstraum verwirklicht.
„Ich sagte damals zu meiner Mutter, dass ich eines Tages mit dem Rad
die Welt bereisen werde“, sagt er. Erst aber studierte Genç, ging zum
Militär und eröffnete in Ankara ein Restaurant.
Mit 30 entdeckte er das Radfahren wieder und erinnerte sich an seinen
Kindheitstraum. „Ich habe alles verkauft, mein Auto und das Lokal, und
mich auf meine erste Reise gemacht.“ Das war 2010. Gençs Trip von
2010 bis 2011 führte ihn von der Türkei bis
nach Japan. Das Material, das er mitbrachte, reichte für fünf
Fotoausstellungen und zwei preisgekrönte Dokumentationen. „Ich hielt
Vorträge an der Universität. Die Resonanz war groß.“
Vom Reisefieber längst infiziert, plante der
Abenteurer seinen zweiten Trip, obwohl er sich während seiner ersten
Tour großer Gefahr aussetzte. In einem Land, das er nicht nennen möchte,
wurde er von drei Männern überfallen, die ihn ausrauben
wollten („Überall gibt es gute und schlechte Menschen“), manchmal hörte
er nachts das Kratzen von Pfoten an der Zeltplane: „Wilde Tiere auf der
Suche nach Fressen“, erklärt er und lacht. Doch es gibt auch positive
Erlebnisse: „In der Ukraine habe ich ein altes
Mütterchen wahrscheinlich vor dem Erfrieren gerettet. Sie fiel in den
Schnee, ich half ihr auf, wärmte sie, indem ich meinen Mantel um sie
legte, und brachte sie nach Hause.“
Um Geld muss sich der Abenteurer keine Sorgen
machen. Seine Weltreise wird gesponsert von dem türkischen
Außenministerium, der Universität Atilim, Tur Assist, dahinter verbirgt
sich eine Studentenhilfs-Organisation, dem Anbieter für Sportartikel,
Atlas Outdoor, und von vielen mehr.
Dennoch schläft Genç auf Campingplätzen. Sein
einziger Luxus ist ein schwarzes Rad der Marke Kron, hergestellt in der
Türkei. Mit seinem „Eisenpferd“ ist die Botschaft verknüpft, die er
in die Welt bringen und damit einen Beitrag
zum Umweltschutz leisten will: „Das Rad ist ein Transportmittel. Alle
sollten es nutzen.“
Autor: René Erdbrügger
Erstveröffentlichung: Quickborner Tageblatt